geb. am 18. August 1878 in Stargard/Pommern; evangelisch;
Sohn des Eigentümers Hermann Grams; verheiratet (Ehefrau Jüdin), Tochter: Dr. med. Ilse Grams;
nach der Bürgerschule zunächst in Stargard Erlernung des Maurerhandwerks, dann Königl. Baugewerkschule in Deutsch-Krone; danach in verschiedenen Städten als Bautechniker tätig; neben dem Beruf private Vorbereitung auf das Abitur; 1913, im Alter von 35 Jahren, Reifeprüfung; Immatrikulation an der Berliner Universität; Mai 1916 zum Militär eingezogen, März 1917 Feldunterarzt, November 1917 „infolge Krankheit als g. v. H. nach Berlin“ zurück; Wiederaufnahme des Medizinstudiums; „Im September 1918 bestand ich das Staatsexamen, nachdem mir ein Semester von meiner Tätigkeit im Felde auf die klinischen Semester angerechnet war.“ Bis 1919 Feldunterarzt in einem Berliner Reservelazarett;
Dissertation: Ueber Mediastinaltumoren, med. Diss. Berlin 1919;
Approbation: 20. Juni 1919 in Berlin;
Adressen: Berlin N 24: Oranienburger Str. 17,
Berlin-Friedenau: Kaiserallee 140 (ab 1933);
niedergelassen als Allgemeinpraktiker und praktischer Arzt für Biochemie (RAR: „Horn, vor 37“).
Grams hat eigene biochemische Komplexmittel (Bikosal) vertrieben; bis 1926 Schriftleiter der „Komplex-Biochemie“ (dort auch Autor); der „Verein für Komplex-Biochemie e.V.“ war unzufrieden mit Grams’Vereins- und Zeitschriftentätigkeit, es wurde ihm vorgeworfen, er schreibe keine Artikel über die Komplex-Biochemie, obwohl er dieses versprochen habe; deshalb beschloss die Bundestagung, Grams als Schriftleiter abzusetzen und Hugo Rudberg an seine Stelle zu setzen; Grams tauchte daraufhin weder in der „Komplex-Biochemie“ auf noch in der „Metallsalz-Therapie“.
Das weitere Schicksal der Familie Grams ist nicht geklärt. Konrad Grams ist am 25. Januar 1947 gestorben.
Abkürzungen
g. v. H. = „garnisonsverwendungsfähig Heimat“, d. h. beschränkt tauglich
RAR = Reichsarztregister (ab 1931 aufgebaut von Hartmannbund und Deutscher Ärztevereinsbund)
Quelle
• Rebecca Schwoch: Naturheilkundler unter den Berliner jüdischen Kassenärzten. In Caris-Petra Heidel (Hrsg.): Naturheilkunde und Judentum (Kostenfreie Lieferung durch Amazon). Mabuse-Verlag, Frankfurt/Main, 2008.
Neuere Einsichten zum Leben und Wirken von Konrad Grams
Florian Mildenberger hat 2016 weitere Angaben publiziert, in:
Florian G. Mildenberger: Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte im Nationalsozialismus. Bestandsaufnahme, Kritik, Interpretation. Wallstein, Göttingen, 2016 (bei Amazon kaufen).
Viele offene Fragen bleiben auch jetzt ungeklärt, Portraitaufnahmen von Grams fehlen weiterhin.
„… (Rudolf Hobel) entmachtete sukzessive die zuvor im Verein (Biochemischer Bund) aktiven jüdischen Ärzte Adolf Abraham Ziegelroth (1873–1951), Werner Lachmann (1893–1971), Wilhelm Karo (1873–1963) und Konrad Grams (1878–1947) [17].
…
Konrad Grams (1878–1947)
Geboren in Stargard/Pommern arbeitete Grams nach Abschluss der Volksschule als Maurer, ehe er sich auf dem zweiten Bildungsweg die Hochschulreife erarbeitete und ab 1913 an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin Medizin studierte. Er war mit einer Jüdin verheiratet, von der er sich trotz Pressionen durch die Nazis nicht scheiden ließ [18].
In den 1920er Jahren avancierte Grams zu einem der prononciertesten Vertreter der Biochemie und arbeitete mit Dieter Schöpfwinkel zusammen [19]. Grams publizierte u. a. ein Handbuch, das aufgrund seiner Anwendungsfreundlichkeit weite Verbreitung fand [20]. Ihm assistierte seine ebenfalls in der biochemischen Forschung tätige Tochter Ilse (1906–19??) [21]. Allerdings gelang es ihm nicht, die zerstrittenen Berliner Anhänger der Biochemie zu vereinen und musste den Vorsitz im Verein für Biochemie Anfang der 1930er Jahre an Adolf Abraham Ziegelroth abtreten [22]. Die Schriftleitung der Zeitschrift »Komplex-Biochemie« musste er an Hugo Rudberg (1889–1939) übergeben, der ab 1933/34 diese Position verlor, 1938 seine Kassenzulassung einbüßte und 1939 Suizid beging. … “
[17] Rebecca Schwoch: Naturheilkundler unter den Berliner jüdischen Kassenärzten. Erste Ergebnisse aus einer entstehenden Kollektivbiographie. In: Caris-Petra Heidel (Hg.): Naturheilkunde und Judentum, Frankfurt a. M.: Mabuse 2008, S. 131–144, 136 ff.
[18] Landesarchiv Berlin: A Rep. 342–02, Nr. 61622, 24.4.1936, Beschluss des Amtsgerichts Berlin. Zu Ziegelroth siehe Rebecca Schwoch: Dr. Adolf Abraham Ziegelroth – Opernsänger, praktischer Arzt für Biochemie, Autor eines Schauspiels. In: Caris-Petra Heidel (Hg.): Der jüdische Arzt in Kunst und Kultur, Frankfurt a. M.: Mabuse 2012, S. 233–244.
[19] Rudolf Hobl: Rückblick. In: Der Gesundheitswart 10 (1936), Nr. 12, S. 85. Zur Hinwendung des »Biochemischen Bundes« zum Nationalsozialismus siehe Robert Jütte: Geschichte der Alternativen Medizin, S. 227 f.
[20] Rebecca Schwoch: Naturheilkundler unter den Berliner jüdischen Kassenärzten. S. 135 ff.
[21] Anne Harrington: Die Suche nach Ganzheit. Die Geschichte der biologisch-psychologischen Ganzheitslehren. Vom Kaiserreich bis zur New-Age-Bewegung, Reinbek: Rowohlt 2002, S. 294 f.
[22] Eugen Bleuler: Das autistisch-undisziplinäre Denken in der Medizin und seine Überwindung, 3. Auflage Berlin: Julius Springer 1922, S. 151–153.