Das Ringen darum, ob die Schüßler DHU-Bicomplexe wirken oder nicht, und welche Hintergründe es hierzu gibt, ist so alt wie diese von Dr. Konrad Grams, Berlin, Anfang des 20. Jahrhunderts geschaffene Optimierung der Behandlung mit Schüßler-Salzen. Der folgende, 1926 verfasste Beitrag beleuchtet den Hintergrund der innovativen Vorschläge von Grams, nämlich die Biochemie nach Schüßler. Dabei werden einige der Fehleinschätzungen der heutigen Schüßler-Skeptiker deutlicher, vor allem was die Leistung von Schüßler betrifft. Und es wird deutlich, wie die Schulmedizin auch schon vor 100 Jahren gerne pseudoreligiöse Wahrheiten vertrat resp. vertritt, die kurz darauf als falsch entlarvt werden. Die Halbwertszeit schulmedizinischen Wissens beträgt um die fünf Jahre, Tendenz sinkend. Das heißt, daß sich nach fünf Jahren die Hälfte alles aktuell für richtig eingeschätzten „Wissens“ als falsch herausgestellt hat. Wie schön, daß es die Erfahrungsheilkunde gibt … (Rainer H. Bubenzer, Gesundheitsberater, Bicomplexe.Heilpflanzen-Welt.de).
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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Komplex-Biochemie [1]
Von Dr. med. Hugo Rudberg, Gotha.
Wenn ich hier über die wissenschaftlichen Grundlagen der Komplex-Biochemie ins Einzelne gehende Ausführungen machen will, so glaube ich, am besten so vorgehen zu können, daß ich die historische Entwicklung unserer Wissenschaft schildere.
Es wird sich also darum handeln, erstens einmal die Beweise für die Richtigkeit einer Mineralsalztherapie überhaupt zu erbringen und dann die Tatsachen zu entwickeln, die die Komplex-Biochemie dazu berechtigen, sich im wahrsten Sinne des Wortes als eine „Fort- und Weiterführung der einfachen Biochemie“ zu erklären.
Schüßler, unser Altmeister, hat intuitiv eine Therapie ins Leben gerufen, deren Grundgedanken dem Verständnis seiner Zeit weit vorausgingen. Für die Richtigkeit seiner Therapie zeugten zu seiner Zeit nur seine therapeutischen Erfolge, während wir heute imstande sind, auch den exaktwissenschaftlichen Beweis für die Richtigkeit der Anwendung seiner Mineralstoff-Funktionsmittel zu führen.
Wir müssen uns nämlich vorstellen, daß im Jahre 1874, zu welcher Zeit Dr. Schüßler seine grundlegenden Darlegungen in der berühmt gewordenen Broschüre „Abgekürzte Therapie“ veröffentlichte, noch gar keine Rede davon war, daß lebenswichtige Funktionen an das Vorhandensein von Mineralsalzen im Blute und in den Gewebesäften gebunden seien. Es gab zwar schon damals Forscher, wie der berühmte Julius Hensel und der bekannte Physiologe Moleschott, die sich mit diesen Dingen rein wissenschaftlich beschäftigten; die Anwendung auf die Therapie hat jedoch Dr. Schüßler gemacht.
Schüßler ging von diesem Gedanken aus: die Menge der Mineralsalze im menschlichen Körper ist, solange der Körper gesund ist, anscheinend nach festen Gesetzen bestimmt. Fehlen im Körperhaushalt auch nur geringe Mengen dieser Salze, die das Funktionieren sämtlicher Organe verursachen, so tritt eine deutlich erkennbare Körper-Schädigung auf. Diese Schädigung, die sich für den davon Betroffenen als Krankheit äußert, versuchte Schüßler durch Zuführung einzelner Salze auszugleichen und zur Heilung zu bringen. In einer für seine Zeitgenossen erstaunlichen Weise behielt Schüßler Recht, und allmählich bildete sich aus diesen Versuchen eine Therapie, die man Biochemie nannte. Es ist hier rein historisch die Großtat eines Geistesheroen festzustellen. Man stelle sich vor: ein Arzt, der zwar durch jahrelange Praxis als Homöopath schon daran gewöhnt war, seine Arzneien in feinverteilter Form dem Körper zuzuführen, kommt auf die Idee, Mineralsalze in einer ganz bestimmten feinen Verteilung therapeutisch anzuwenden, und zwar wählte Schüßler ganz intuitiv – und das ist seine Großtat -, eine Verdünnung der von ihm in der Therapie eingeführten Mineralsalzstoffe, die erstaunlich genau der Verdünnung entspricht, in der diese Mineralsalze in unserem Blute und unseren Gewebesäften kreisen.
Dr. Schüßler hat nämlich die Medikation der von ihm angewendeten Mineralsalze in der sechsten resp. bei einzelnen Mitteln in der zwölften Dezimalpotenz angeordnet. Erst jahrzehntelang später gelang durch Physiologen und Chemiker der Nachweis, daß die Mineralsalze, die im Körper vorhanden sind, fast genau dieser sechsten resp. zwölften Dezimalpotenz der von Schüßler als Medikament in das Körperganze eingeführten Mineralsalze entsprechen.
Es ist von gegnerischer Seite jahrelang der aussichtslose Kampf geführt worden, um festzustellen, daß eine Zuführung von Mineralsalzen in so fein verteilter Form, wie es unsere biochemischen Medikamente darstellen, erfolglos sein müßte. Vom Standpunkte der Allopathie ist diese Auffassung auch durchaus begreiflich. Im Lager der Allopathen huldigt man immer noch dem Grundsatz: Viel hilft viel. Aber auch von objektiver wissenschaftlicher Seite – ich erinnere nur an die Veröffentlichungen von Abderhalden, Albu-Neuberg und Oppenheimer – ist allmählich der Standpunkt vertreten worden, daß trotz der geringen feststellbaren Mengen von Mineralsalzen im menschlichen Organismus, eben gerade diese kaum wägbaren Mengen von Mineralsalzen von grundlegender Bedeutung im Körperhaushalt sind.
Es ist festgestellt worden, daß hinsichtlich der physiologischen Wirkungen der Mineralsalze im menschlichen Körper gar kein Vergleich mit den organischen Substanzen, die den menschlichen Körper bilden, gemacht werden kann, da diese ja grundsätzlich andere Stoffe seien.
Wie schon vorher erwähnt, ist ja der Gehalt an Mineralstoffen im Körper ein überaus geringer, und er läßt sich im Vergleich zum Körpergewicht, das man in Kilo ausdrückt, nur durch Bruchteile von Grammen, ja, vielfach von Milligrammen, bezeichnen. Die neuesten Forschungen haben ergeben, daß es nicht möglich ist, den relativ geringen Bedarf an Mineralstoffen aus der Nahrung allein zu decken, vor allem dann nicht, wenn Störungen im Umsätze der Mineralstoffe eingetreten sind, die man als Krankheiten zu bezeichnen gewöhnt ist.
Albu-Neuberg, die eines der grundlegenden Werke über den Mineralstoffwechsel geschrieben haben, sind sogar der festen überzeugung, daß Störungen im Kohlehydrat- und Eiweiß-Stoffwechsel von viel geringerer Bedeutung sind, als die geringste Veränderung in der notwendigen Zufuhr von Mineralsalzen. Es mag hier dahingestellt sein, ob es sich bei diesen Vorgängen mehr um die Assimilation oder um die Resorption der dem Körper zugeführten Mineralstoffe handelt, immerhin ergibt sich aus diesen rein wissenschaftlichen Forschungen, von welch überragender Wichtigkeit ein geordnetes Funktionieren des Mineralstoffwechsels ist.
Eine Unzahl von wissenschaftlichen Forschungen, die hier anzuführen zu weit führen würde, haben sich weiterhin mit der Frage beschäftigt, von welcher Wichtigkeit die Mineralstoffe im tierischen Organismus sind und welche Rolle ihnen beim Aufbau der Gewebe und Organe zukommt. Einer der Pioniere in dieser Wissenschaft war der große Chemiker Justus Liebig. Seine Forschungen ließen die Notwendigkeit der ständigen Zufuhr von solchen Salzen zur Erhaltung des Lebensprozesses erkennen. Während Liebig die Salze zur Ernährung jeden lebenden Wesens für notwendig erachtete, ist später vielfach die Ansicht vertreten worden, daß die beständige Zufuhr von Aschebestandteilen zum Aufbau der Gewebe, d. h. also für den wachsenden Organismus notwendig sei, während sie für den erwachsenen. Körper nichts mehr als ein zur Gewohnheit gewordener, oft, überflüssiger Zusatz zur Ernährung sei.
Erst in neuerer Zeit hat man sich mehr und mehr mit der Erforschung des Mineralsalzstoffwechsels befaßt und ist immer mehr zu der überzeugung gekommen, daß ohne Mineralsalze ein Leben überhaupt nicht möglich sei.
Wie man auch immer zur Vivisektion und zum Tierexperiment stehen möge, das eine hat sich wohl unumstößlich hieraus ergeben: ohne Mineralstoffe, seien sie durch die Ernährung, seien sie als Medikament dem Organismus zugeführt, ist Leben unmöglich.
Man hat zu Zwecken der Forschung das Experiment gemacht, Tiere, und zwar besonders Hunde mit einer absolut nährsalzfreien Nahrung wochen- und monatelang zu ernähren. Man hat diese Versuchstiere mit den Rückständen ernährt, die bei der Fleischextrakt-Fabrikation nach völliger Auslaugung der im Fleische vorhandenen Extraktivstoffe verblieben sind. Ebenfalls wurden dieser Nahrung Fette beigemischt, denen sämtliche Mineralstoffe chemisch entzogen waren. Die diesen Versuchstieren gereichte Nahrung hatte rechnungsgemäß den notwendigen Gehalt an Eiweißstoffen, Kohlenhydraten und Fetten. Es zeigte sich aber im Verlauf der Experimente, daß alle Versuchstiere in kürzerer oder längerer Zeit unter Erscheinungen von krampfartigen Zuständen und weitgehender Entkräftung eingingen. In einigen Fällen, wo man kurz vor dem zu erwartenden Verenden des Versuchstiers frisches, unausgelaugtes, d. h. mineralsalzhaltiges Fleisch als Nahrung gab, konnte man den Tod der Tiere aufhalten und sie sogar mit weiterer mineralsalzhaltiger Nahrung wieder gesund und kräftig machen.
Es ergibt sich also aus diesen Versuchen, daß der tierische Organismus nicht imstande ist, ohne die Wirkung der mineralsalzhaltigen Stoffe zu funktionieren.
Hieraus hätte sich nun natürlicherweise die Möglichkeit einer Behandlungsweise, die sich auf das Zuführen von Mineralsalzstoffen in den erkrankten Organismus aufbaute, ergeben können. Obwohl die hier angeführten Tatsachen nur ein kleiner Auszug aus denen der Wissenschaft bekannten Feststellungen ist, hat doch die Schulmedizin den klar vor Augen liegenden Weg zur Mineralstoff-Therapie nicht gefunden, und es bedurfte erst der Arbeit eines Schüßler und seiner Schüler, um auch in der Behandlungsweise die Erkenntnis der Wissenschaft dem kranken Menschen nutzbar zu machen.
Es ist der Arbeit verdienter Männer der Medizin überlassen geblieben, diese rein theoretischen Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen und trotz noch so großer Anfeindungen ihrer Gegner, die auf den Grundsätzen des Mineralstoffwechsels aufgebaute Behandlungsweise zu verwirklichen. Die Biochemie, die auf den Grundsätzen des Mineralstoffwechsels aufgebaute Behandlungsweise, ist heute eine Macht geworden, die zwar viel, bekämpft, aber niemals mehr vernichtet werden kann, so sehr sich auch die Gegner dieser Richtung darum bemühen. Aber die biochemische Wissenschaft ist nicht stehengeblieben. Es haben sich Bestrebungen gebildet, die die Behandlung von Krankheiten nach der Methode von Dr. Schüßler durch Darreichung von einzelnen Mineralsalzen zu vereinfachen versuchten. über die Behandlung mit den Methoden der einfachen Biochemie- und über die hier besonders interessierende Behandlungsweise durch Komplex-Biochemie [Bubenzer:] wird auf dieser Website […] in theoretischer und praktischer Form ausführlich berichtet.
Quelle
[1] Rudberg H: Die wissenschaftliche Grundlage der Komplex-Biochemie. Zeitschrift für Komplex-Biochemie. 1926 Mai 26; 1/6(1/5):1–3.