Schüßler-Salz-Kombinationen gibt es seit 1922 / Einsatzmöglichkeiten der Bicomplexe
von Günther H. Heepen, Bamberg
(veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors)
Wer sich mit Schüßler-Salzen auseinandersetzt, stößt früher oder später auf die Bicomplexe. Das Wort Bicomplex bedeutet, dass es sich um einen Komplex, eine Mischung, von verschiedenen Mitteln, in unserem Fall von Schüßler-Salzen handelt. Die ISO-Bicomplex-Heilweise (damals unterstützt und vertrieben von dem Apotheker Johannes Sonntag in Regensburg, daher der Name JSO) wird von vielen Ärzten und Heilpraktikern praktiziert und hat den Vorteil, dass krankheitsbezogen mit mehreren Salzen in einem Präparat zielgerichtet gearbeitet werden kann.
Zur Geschichte der Bicomplexe
Die Komplex-Biochemie entstand vor über 90 Jahren und wurde von dem Arzt Dr. med. Konrad Grams begründet. Im Jahre 1922 erschien erstmals sein „Handbuch der Komplex-Biochemie” (leider vergriffen oder nur noch in Staatsbibliotheken einzusehen), in dem er schreibt: „Unter Komplex-Biochemie verstehen wir die Vereinigung mehrerer Mineralsalze zu einem Mittel, welches zu den erkrankten Geweben oder dem erkrankten Körperteil in Beziehung steht. Es deckt gewissermaßen alle Krankheitserscheinungen der betreffenden Krankheit.”
Wie in der Komplex-Homöopathie besteht das Konzept der Komplex-Biochemie darauf, mit einer Mittelkombination alle relevanten Aspekte einer Krankheit therapeutisch zu berücksichtigen. Bei den 30 Bicomplexen steht an erster Stelle das Ziel, die Stoffwechselvorgänge im Körper zu harmonisieren, zu normalisieren, in dem alle beteiligten Organe einer Körperregion oder ‑funktion berücksichtigt werden. Und das klappt in einer sinnvollen Mischung, in der sich die enthaltenen Einzel-Schüßler-Salze (selten enthalten die Komplexe andere Mittel, die keine typischen Schüßler-Salze sind wie Kohle oder Magnesiumperoxid) ergänzen und unterstützen, umfassender wirken als mit einem nur zu bestimmten Symptomen passenden Mineralsalz.
Vom Maurer zum Mediziner
Der Begründer der Bicomplexe, Dr. med. Konrad Grams, wurde am 18. August 1878 in Stargard/Pommern geboren als Sohn von Hermann Grams. Auch die Schwester von Konrad Grams war Ärztin (Dr. med. Ilse Grams). Nach der Bürgerschule hatte Konrad in Stargard das Maurerhandwerk erlernt, besuchte danach die Königliche Baugewerkschule in Deutsch-Krone und arbeitete in verschiedenen Städten als Bautechniker.
Nebenberuflich bereitete er sich auf das Abitur vor und legte im Alter von 35 Jahren (hier finden wir eine Parallele zu Dr. Schüßler, der auch erst spät die Reifeprüfung ablegte) die Reifeprüfung ab. Er schrieb sich an der Berliner Universität, Medizinische Fakultät, ein, und nahm das Medizinstudium auf. 1916 wurde er zum Militär eingezogen und konnte erst 1918 sein Medizinstudium fortführen. Nach dem Staatsexamen arbeitete er zunächst in einem Lazarett und ließ sich erst später als Allgemeinarzt in Berlin-Friedenau nieder.
Dr. Konrad Grams entwickelt biochemische Kombi-Mittel
In dieser Zeit entwickelte Grams eigene biochemische Komplexmittel (Bikosal), die er anfangs selbst vertrieben hat. Als 1923 die ISO-Werke in Regensburg gegründet wurden, übernahmen diese die Herstellung und den Vertrieb der Bicomplexe. Grams war bis 1926 auch noch Schriftleiter und Autor der Zeitschrift „Komplex-Biochemie“, ebenso Mitglied im „Verein für Komplex-Biochemie e. V.“. Konrad Grams ist am 25. Januar 1947 im Alter von 69 Jahren gestorben (Quelle: Rebecca Schwoch: „Naturheilkundler unter den Berliner jüdischen Kassenärzten”).
Wie wirken die Bicomplexe?
Die Wirkung der Bicomplexe lässt sich an einem Beispiel anschaulich darstellen – nehmen wir den Bicomplex Nr. 13. Es ist zusammengesetzt aus den biochemischen Mitteln Nr. 1 Calcium fluoratum D12 (Stütz- und Bindegewebe), Nr. 2 Calcium phosphoricum D6 (Knochensalz), Nr. 7 Magnesium phosphoricum D6 (ist beteiligt an vielen enzymatischen Prozessen) und Nr. 11 Silicea D12 (Bindegewebssalz, Gelenk‑, Haut, Haar- und Nagelsalz). Das bedeutet, dass der gesamte Organismus in die Behandlung mit einbezogen wird, um damit der Komplexität körperlicher Vorgänge gerecht zu werden. Im übrigen sind alle relevanten Salze für Knochen- und Knochenstoffwechsel in diesem Bicomplex enthalten.
Die nachfolgende Übersicht zeigt Ihnen, welche Bicomplexe es gibt, wie sie zusammengesetzt sind und welchem Krankheitsbereich sie zugeordnet werden. Alle Bicomplexe sind apothekenpflichtige Arzneimittel, die Sie auch nur in Apotheken erhalten.
Wie werden Bicomplexe eingenommen?
Die Bicomplexe werden wie folgt dosiert: Bei akuten Beschwerden wird alle zehn Minuten bis zur Besserung eine Tablette eingenommen (im Mund zergehen lassen). Bei chronischen Beschwerden genügt es, drei- bis viermal täglich ein bis zwei Tabletten einzunehmen).
Verzeichnis der ISO-Bicomplexe
Nr. 1 Abführmittel: Calcium fluoratum D12, Natrium chloratum D6, Natrium sulfuricum D6. Gegen chronische Verstopfung, Mastdarmerschlaffung, Stuhlträgheit.
Nr. 2 Blutmittel (nicht gegen Blutungen!): Calcium phosphoricum D6, Ferrum phosphoricum D6, Kalium phosphoricum D6, Natrium chloratum D6, Silicea D12. Gegen Blutarmut und Bleichsucht, als Stärkungsmittel nach schweren Krankheiten.
Nr. 3 Darmmittel: Calcium phosphoricum D6, Kalium phosphoricum D6, Natrium phosphoricum D6, Natrium sulfuricum D6. Gegen Stuhlverstopfung, Darmträgheit, Blähungskolik, unterstützend bei Cholezystitis (Gallenblasenentzündung).
Nr. 4 Drüsenmittel: Calcium fluoratum D12, Calcium phosphoricum D6, Natrium chloratum D6, Kalium phosphoricum D6, Silicea D12. Gegen Drüsenschwellungen.
Nr. 5 Krampfmittel: Calcium phosphoricum D6, Natrium chloratum D6, Kalium phosphoricum D6, Magnesium phosphoricum D6, Silicea D12. Gegen Krämpfe aller Art, allgemeine Nervenschwäche.
Nr. 6 Fiebermittel: Ferrum phosphoricum D12, Kalium chloratum D6, Kalium phosphoricum D6, Kalium sulfuricum D6. Gegen Fieber bei Beginn, Ausbruch von Infektionskrankheiten, Entzündungen, Katarrhe der Schleimhäute.
Nr. 7 Innersekretorisches Mittel: Calcium phosphoricum D6, Ferrum phosphoricum D6, Kalium phosphoricum D6, Magnesium phosphoricum D6. Gegen innersekretorische (hormonelle) Unregelmäßigkeiten, insbesondere bei Mädchen und Frauen.
Nr. 8 Gefäßmittel: Calcium fluoratum D12, Kalium phosphoricum D6, Magnesium phosphoricum D6, Silicea D12. Gegen Arterienverkalkung, Krampfadern, Unterschenkelgeschwüre, Hämorrhoiden.
Nr. 9 Gicht- und Rheumatismusmittel: Ferrum phosphoricum D12, Natrium phosphoricum D6, Natrium sulfuricum D6, Silicea D12. Gegen akuten und chronischen Gelenk- und Muskelrheumatismus, Gicht, Nierengrieß.
Nr. 10 Haarmittel: Calcium fluoratum D12, Kalium phosphoricum D6, Natrium chloratum D6, Silicea D12. Gegen Haarausfall in Verbindung mit Kopfschuppen, Brüchigkeit der Haare.
Nr. 11 Hautmittel: Calcium phosphoricum D6, Kalium sulfuricum D6, Magnesium phosphoricum D6, Natrium chloratum D6, Silicea D12. Gegen Entzündung der Haut, trockene, nässende und zur Eiterung neigende Ekzeme, Milchschorf.
Nr. 12 Herzmittel: Calcium fluoratum D12, Kalium phosphoricum D6, Magnesium phosphoricum D6, Natrium chloratum D6. Gegen Herzschwäche Arrhythmie, Herzneurose.
Nr. 13 Knochenmittel: Calcium fluoratum D12, Calcium phosphoricum D6, Magnesium phosphoricum D6, Silicea D12. Unterstützend zur Kallusbildung (Bildung von zusammenwachsenden Bruchenden), bei Knochenbrüchen.
Nr. 14 Geschwürmittel: Calcium fluoratum D12, Ferrum phosphoricum D12, Kalium sulfuricum D6, Silicea D12. Gegen Furunkel, Karbunkel.
Nr. 15 Hustenmittel: Ferrum phosphoricum D12, Kalium chloratum D6, Magnesium phosphoricum D6, Silicea D12. Gegen Husten, Asthma, Bronchitis.
Nr. 16 Magenmittel I (Hyperacidität): Magnesium peroxydatum D6, Magnesium phosphoricum D6, Natrium phosphoricum D6, Natrium sulfuricum D6. Gegen Sodbrennen, zu viel Magensäure, Aufstoßen, Blähungen, Stuhlverstopfung.
Nr. 17 Magenmittel II (Hypacidität): Calcium fluoratum D12, Calcium phosphoricum D6, Kalium phosphoricum D6, Natrium chloratum D6. Gegen nervöse Dyspepsie, zu geringe Magensäurebildung, Durchfall, Appetitlosigkeit und Blähungen.
Nr. 18 Kräftigungsmittel: Carbo animalis D6, Calcium phosphoricum D6, Kalium phosphoricum D6, Natrium chloratum D6, Silicea D12. Gegen allgemeine Nervenschwäche, geschlechtliche Reizbarkeit und neurasthenische Impotenz.
Nr. 19 Nerven- und Gehirnmittel: Ammonium phosphoricum D6, Calcium phosphoricum, D6, Kalium phosphoricum D6, Magnesium phosphoricum D6. Gegen Neurasthenie, nervöse Schlafstörungen, Gedächtnisschwäche, Angstzustände.
Nr. 20 Nierenmittel: Ferrum phosphoricum D12, Kalium arsenicosum D6, Kalium chloratum D6, Kalium sulfuricum D6. Unterstützend bei akuter und chronischer Nierenentzündung, Eiweißharnen, Urinverhaltung, Nierengrieß, Rheumatismus, Wassersucht und Blasenleiden.
Nr. 21 Schleimhautmittel: Kalium chloratum D6, Kalium sulfuricum D6, Natrium chloratum D6, Natrium sulfuricum D6, Silicea D12. Gegen Schleimhauterkrankungen von Augen, Ohr, Hals, Rachen, Nase, Lungen, Verdauungsorganen, Katarrh der Luftwege, Heiserkeit, Husten, Schnupfen.
Nr. 22 Schwangerschaftsmittel: Calcium fluoratum D12, Calcium phosphoricum D6, Ferrum phosphoricum D6, Kalium phosphoricum D6, Magnesium phosphoricum D6, Silicea D12. Zur Förderung des Mineralaufbaus in der Schwangerschaft.
Nr. 23 Konstitutionsmittel: Calcium fluoratum D12, Ferrum phosphoricum D 12, Kalium sulfuricum D6, Natrium chloratum D6, Silicea D12. Gegen entzündliche Drüsen- und Gewebeschwellungen.
Nr. 24 Ausscheidungsmittel: Ferrum phosphoricum D12, Kalium chloratum D6, Natrium phosphoricum D6, Natrium sulfuricum D6. Gegen Blasenkatarrh und Mastdarmkatarrh.
Nr. 25 Wassersuchtmittel: Kalium arsenicosum D6, Kalium chloratum D6, Kalium phosphoricum D6, Natrium sulfuricum D6. Gegen Ödeme bei Herz‑, Leber- und Nierenleiden.
Nr. 26 Blasenmittel: Calcium phosphoricum D6, Kalium phosphoricum D6, Magnesium phosphoricum D6, Natrium chloratum D6. Gegen akute und chronische Blasenkatarrhe, Blasenkrampf, Harndrang, Blasenschwäche und Bettnässen.
Nr. 27 Lebermittel: Magnesium phosphoricum D6, Natrium chloratum D6, Natrium sulfuricum D6, Silicea D12. Unterstützend bei Lebererkrankung, Gelbsucht, Gallensteinen.
Nr. 28 Lymphmittel: Calcium fluoratum D12, Calcium phosphoricum D6, Kalium jodatum D6, Natrium chloratum D6, Silicea D12. Gegen chronische Lymphdrüsen- u. Schleimhauterkrankungen, Kropf.
Nr. 29 Muskelmittel: Calcium fluoratum D12, Calcium phosphoricum D6, Ferrum phosphoricum D12, Kalium sulfuricum D6, Natrium chloratum D6, Silicea D12. Gegen Muskelerkrankung, Muskelschwund, Muskelschwäche.
Nr. 30 Zahnmittel: Calcium fluoratum D12, Calcium phosphoricum D6, Kalium chloratum D6, Silicea D12. Gegen erschwertes Zahnen der Kinder und zur Festigung der Zähne.
Autor
• Günther H. Heepen, Bamberg, Februar 2018 (Veröffentlichung dieses Beitrags mit freundlicher Genehmigung des Autors).
Quellen
• Konrad Grams: Handbuch der Komplex-Biochemie. Kombi, Berlin, 1928 (Deut. Nationalbibliothek).
• Werner Hemm, Stefan Mair: Die Komplex-Biochemie. Mediengruppe Oberfranken, Bamberg, 2017 (bei Amazon kaufen).
• Maria Lohmann, Kathrin Ruf: Schüßler-Kombi-Präparate. Haug, Stuttgart, 2007 (bei Amazon kaufen).
• Günther H. Heepen: Schüßler-Salze – Der Große GU-Ratgeber. GU Verlag, München, 2008 (bei Amazon kaufen).
• Joseph Wüst: DHU-Bicomplexe Heilmittel. JSO-Werk, Regensburg, vormals Manzesche Buchdruckerei, Regensburg, 1987.