Hahnemanns Apothekerlexikon – Inhaltsverzeichnis

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Vorerinnerung

Ich hat­te bei Ver­fer­ti­gung die­ses Wör­ter­buchs End­zwe­cke, wel­che eini­ger­ma­sen von denen abwei­chen, die sich And­re bei ähn­li­chen Büchern vorsetzten.

Alle die ein­fa­chen Mit­tel, wel­che von Anfan­ge die­ses bald zu Ende gehen­den Jahr­hun­derts an bis auf die neu­es­ten Zei­ten offi­zi­nell, oder sonst gebräuch­lich waren, auch die nur von eini­gen Aerz­ten ange­wen­de­ten, so wie die­je­ni­gen, wel­che als Haus­mit­tel einen ansehn­li­chen Ruf erhiel­ten, suche ich hier aufzustellen.

Von einem guten Dis­pen­sa­to­ri­um ver­langt man mit Recht, daß es nur die wirk­sams­ten, bewähr­tes­ten Dro-quen auf­stel­le, um den unwirk­sa­men und zwei­deu­ti­gen Rest alter Offi­zi­nen all­mäh­lig zu ver­ban­nen. Eine ganz and­re Bestim­mung aber hat ein Apo­the­ker­le­xi­kon. Es soll nicht blos über die Mit­tel Aus­kunft geben, wel­che die ers­ten und erfah­rens­ten Aerz­te ein­stim­mig für hülf­reich aner­kannt und ihre genaue Anwen­dung in ein zuver­läs­si­ges Licht gestellt haben ‑eine Bestim­mung, wel­che blos aus­ge­wähl­ten Arz­nei­mit­tel­leh­ren eigen ist. Es soll auch von den ver­le­ge­nen, aus der Mode gekom­me­nen, wenig gebräuch­li­chen, auch von den unwirk­sa­men, ekel­haf­ten und aber­gläu­bi­gen Mit­teln die Wahr­heit sagen – weil auch an die­ser Wahr­heit oft viel gele­gen ist. Und wie­viel vor­züg­li­ches ist nicht noch in den soge­nann­ten ver­al­te­ten Mit­teln, deren eini­ge man­chem neu­ern modi­schen Mit­tel den Vor­rang strei­tig machen wür­den? Man zieht des­halb von Zeit zu Zeit älte­re Arz­nei­en aus ihrer Dun­kel­heit wie­der her­vor; in sol­chen Fäl­len ist dem Arzte und Apo­the­ker nicht wenig dar­an gele­gen, zu wis­sen, was die Alten schon von die­ser Dro­que wuß­ten. Dieß muß das Apo­the­ker­wör­ter­buch sagen. So sind auch eini­ge ein­fa­che Mit­tel, deren sich die Alten als offi­zi­nel­le Arz­nei­en bedien­ten, immer noch als Haus­mit­tel für Gegen­den sehr schätz­bar, wel­che kei­ne Apo­the­ken haben.

Wenn ich den ein­fa­chen Mit­teln ihren vor­züg­lichs­ten Nut­zen, und über­haupt ihre arz­nei­li­che Bestim­mung bei­fü­ge, so habe ich auch hier­in einen andern Zweck, als eini­ge neue­re Apo­the­ker­bü­cher, wel­che dieß in der Mei­nung weg­las­sen, als wäre der­glei­chen Nach­richt dem Apo­the­ker unnütz, oder wohl gar schäd­lich, weil es die Pfu­sche­rei ver­meh­re. Eine kur­ze Anzei­ge des Nut­zens einer Dro­que kann aber gut gesinn­te, ihrer edeln Bestim­mung bewuß­te Apo­the­ker wohl nie zur Schleich­pra­xis ver­lei­ten; sie kön­nen unver­welk­li­che­re Bür­ger­kro­nen von treu­er Aus­füh­rung ihrer Pflicht ein­ern­ten. Die hohe Wür­de eines guten Apo­the­kers, aus des­sen unbe­stech­lich gewis­sen­haf­ten Hän­den Leben und Gesund­heit in lau­te­rer Quel­le fließt, und unter des­sen wach­sa­mer Kennt­niß die äch­ten Werk­zeu­ge erschaf­fen wer­den, womit wir die zer­rüt­te­te Maschi­ne des mensch­li­chen Kör­pers zu bes­sern und in ihren ursprüng­li­chen har­mo­ni­schen Gang wie­der zu brin­gen suchen, wird sich nie mit der Nie­der­träch­tig­keit einer ver­nunft­lo­sen Quack­sal­be­rei besu­deln, wel­che sich zu ihr wie der stin­ken­de Sumpf zu der wohlt­hä­ti­gen Son­ne verhält.

Eine so kur­ze Anzei­ge des Nut­zens kann auch eine sol­che Halb­ge­lehr­sam­keit nicht ein­mal her­vor­brin­gen. Wenn man liest, daß Aus­ter­scha­len­pul­ver die krank­haf­te Säu­re des Magens weg­nimmt, so weiß man des­halb immer noch nicht, unter wel­chen Umstän­den eine sol­che Magen­säu­re zuge­gen sey, durch wel­che Krank­heits­zu­fäl­le sie sich verrathe.

Wohl aber hat eine kur­ze Anzei­ge des Nut­zens einer Dro­que den Vort­heil für den ange­hen­den Apo­the­ker, daß er der trock­nen Beschrei­bung die­ses Mit­tels des­to eher Ein­gang in sein Gedächt­niß ver­stat­tet, wenn sie ihm nun mehr als gleich­gül­tig, wenn sie ihm der ange­geb­nen arz­nei­li­chen Bestim­mung wegen merk­wür­dig gewor­den ist, oder doch nun eini­gen Anspruch auf sei­ne Auf­merk­sam­keit macht. Din­ge, deren Nut­zen uns gar nicht bekannt ist, sind uns Men­schen gleich­gül­tig, wir sind so kalt dabei, als bei dem toden Buch­sta­ben eines Wor­tes, des­sen Bedeu­tung ver­lo­ren gegan­gen ist. Nur ein Fin­ger­zeig auf ihre Nutz­bar­keit, sie sey wirk­lich, schein­bar oder ein­ge­bil­det, gie­bt uns Inter­es­se dafür; die sonst nichts­wür­di­ge Kennt­niß ihrer Geschich­te bekömmt nun Kör­per, Leben und etwas Anzie­hen­des, Wissenswürdiges.

Da uns­re deut­sche Spra­che alle and­re Spra­chen (die grie­chi­sche aus­ge­nom­men) in der Fähig­keit, zusam­men­ge­setz­te Wor­te zu bil­den, weit über­trift, so habe ich mich die­ses unge­mei­nen Vor­zugs (unter Suk­kow’ s Vor­gan­ge) bedient, die Pflan­zen (auch eini­ge Thie­re) unter Namen abzu­han­deln, deren ers­ter Theil die Spe­zi­es, der zwei­te (mit schwa­ba­cher Schrift gedruck­te) aber das Genus aus­drückt. Neue Namen habe ich fast nie gemacht, nur aus den ältern, schon gebräuch­lich gewe­se­nen deut­schen Benen­nun­gen habe ich sie zusam­men­ge­setzt. Das gan­ze Pflan­zen­sys­tem scheint einer sol­chen Nomen­kla­tur fähig zu seyn, wenigs­tens ist es unver­ant­wort­lich, die Arz­nei­pflan­zen fer­ner­hin unter so empi­ri­schen, schwan­ken­den Namen, als die bis­her gang­ba­ren deut­schen sind, bei der so vor­züg­li­chen Bieg­sam­keit und Bil­dungs­fä­hig­keit uns­rer Mut­ter­spra­che fort­zu­füh­ren, und so mit schwan­ken­der Unver­ständ­lich­keit die Gefahr, miß­ver­stan­den zu wer­den, zu ver­bin­den. Wir soll­ten uns aus eben dem Grun­de, aus dem wir den Linnei­schen Sys­tem­na­men dem Tour­ne­for­ti­schen, Raji­schen oder Bauhi­ni­schen vor­ge­zo­gen haben, ent­we­der alle Pflan­zen auch in deut­schen Büchern unter Lin­nés latei­ni­schen Sys­tem­na­men anfüh­ren, oder gleich aus­drucks­vol­le deut­sche zusam­men­set­zen. Einen Mit­tel­weg giebt’s nicht. Oder hat­te etwa der schwe­di­sche Pli­ni­us mehr Recht, sich der aus­ge­storb­nen latei­ni­schen Spra­che zu die­ser Absicht zu bedie­nen, als wir mit uns­rer Spra­che zu glei­chem Zwe­cke? Wir kön­nen Gat­tung und Art in Einem Wor­te ver­ei­ni­gen (ein unglaub­li­cher Vor­zug!), dieß konn­te er mit dem Latei­ni­schen nicht.

Nur wo blos eine ein­zi­ge Art von einem Pflan­zen­ge­schlech­te offi­zi­nell war, unter­ließ ich die Spe­zi­es im deut­schen vorzusetzen.

Auch den größ­ten Theil der che­mi­schen zusam­men­ge­setz­ten Kör­per habe ich ver­sucht, sys­tem­ar­tig deutsch zu benen­nen. Sind sol­che Namen wohl­ge­wählt, so sind sie sehr aus­drucks­voll, und ent­hal­ten, so zu sagen, in sich schon eine Defi­ni­ti­on ihrer Natur.

In die­sem gan­zen Nomen­kla­tur­ge­schäf­te, so müh­sam es auch ist, wenn man Rechen­schaft davon zu geben im Stan­de seyn soll, suche ich aber an mei­nem Thei­le nicht das min­des­te Ver­dienst, und wün­sche blos die gute Sache durch mei­ne Mit­wir­kung in Gang gebracht zu sehen.

Die Abbil­dung habe ich von so viel mög­lich allen Pflan­zen (auch Thie­ren) ange­ge­ben nach den wohl­feils­ten Büchern, und nur, wo die­se nicht zureich­ten, auf die kost­ba­rern Wer­ke ver­wie­sen. Die schlech­ten Abbil­dun­gen hal­te ich für schäd­lich, und habe sie des­halb ver­mie­den anzu­füh­ren, wenn sie auch wohl­feil waren.

Nächst den ein­fa­chen Dro­quen berüh­re ich auch die Ver­fer­ti­gung der ein­fa­chen Arz­nei­zu­be­rei­tun­gen, und set­ze nach mei­ner Ueber­zeu­gung die bes­te und kür­zes­te hin. Alle je erson­ne­ne anzu­füh­ren, wür­de hier der Ort nicht gewe­sen seyn. Alles blos che­mi­sche – blos natur­his­to­ri­sche ließ ich weg.

Wenn aus­ge­such­te Kür­ze beim Bücher­schrei­ben weni­ger ein­träg­lich als lan­ge Anfüh­run­gen sind, so glau­be ich der guten Sache eini­ges Opfer gebracht zu haben.

Die schlech­ten, ver­leg­nen, schwan­ken­den und unrich­ti­gen deut­schen, latei­ni­schen und übri­gen Arz­nei­be­nen­nun­gen set­ze ich hin, um auf die bestimm­tern, rich­ti­gern Aus­drü­cke hinzuweisen.

Daß die fran­zö­si­schen und eng­li­schen Benen­nun­gen da ste­hen, wird wohl kein Ueber­fluß seyn.

Eini­ge nicht all­ge­mein bekann­te Werk­zeu­ge habe ich in Holz­schnitt bei­dru­cken lassen.

Hinweis:

  • Samu­el Hah­ne­manns, der Arz­nei­ge­lahrt­heit Dok­tors und Mit­glie­des eini­ger gelehr­ten Gesell­schaf­ten, Apo­the­ker­le­xi­kon, Ers­ten Theils ers­te Abt­hei­lung: A‑E, Ers­ten Theils zwei­te Abt­hei­lung: F‑K, Zwei­ten Theils ers­te Abt­hei­lung: L‑P, Zwei­ten Theils zwei­te Abt­hei­lung: Q‑Z, Leip­zig: Sieg­fried Lebrecht Cru­si­us, 1793, 1795, 1798, 1799.
  • “Alle die ein­fa­chen Mit­tel, wel­che von Anfan­ge die­ses bald zu Ende gehen­den Jahr­hun­derts an bis auf die neu­es­ten Zei­ten offi­zi­nell, oder sonst gebräuch­lich waren, auch die nur von eini­gen Aerz­ten ange­wen­de­ten, so wie die­je­ni­gen, wel­che als Haus­mit­tel einen ansehn­li­chen Ruf erhiel­ten, suche ich hier aufzustellen.”

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