Huhn

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Huhn, Pha­sia­nus Gal­lus, L. mit zusam­men­ge­drück­tem fleisch­ar­ti­gem Kam­me auf dem Schei­tel, ähn­li­chen Lap­pen auf bei­den Sei­ten der Keh­le, nack­ten Ohren, und zusam­men­ge­drück­tem, auf­wärts gehen­dem Schwan­ze, ein bekann­ter Haus­vo­gel, wel­cher aus Asi­en abstammt. Er lebt von Getrai­de­kör­nern, Insek­ten und Regen­wür­mern; das Männ­chen ist stolz, streit­bar, und gnügt zehn Hünern, wel­che, die kür­zes­ten Tage des Jah­res etwa aus­ge­nom­men, fast bestän­dig legen und ihre Eier bin­nen 22 und 25 Tagen ausbrüten.

Des gilb­li­chen, wei­chen Fet­tes, beson­ders der ka-strir­ten Häh­ne (Kapaun­fett, axung. Capo­nis) bedient man sich äußer­lich zur Schmei­di­gung und Erwei­chung. Die Alten bedien­ten sich der getrock­ne­ten und gepül­ver­ten innern Haut des Magens der Hüh­ner (pel­li­cu­lae ven­tri­cu­li gal­linacei) als eines Magen stär­ken­den, Harn trei­ben­den (lächer­li­chen) Mittels.

Das arz­nei­lichs­te Pro­dukt die­ses Vogels sind die Eier (ova gal­lin.), deren äuße­re, har­te Scha­le (test­ae ovor­um) die Diens­te einer rei­nen Kalk­er­de leis­tet. Das Inne­re besteht theils aus einem was­ser­hel­len, dick­li­chen, gal­lert­ar­ti­gen, zähen Wesen, dem Eiweiß (albu­men ovor­um) einer eigen­ar­ti­gen thie­r­i­schen Sub­stanz, wel­che in kal­tem Was­ser (wie 1:10) auf­lös­bar ist, aber schon von einer mäßi­gen Hit­ze (160° Fahr.), und durch Zumi­schung von Wein­geist und Säu­ren gerinnt, das ist undurch­sich­tig weiß, fest und in Was­ser unauf­lös­bar wird. Sei­ne Eigen­schaf­ten sind Schär­fe ein­wi­ckeln­de; es koagu­lirt die hei­ße Milch und dient so zur Berei­tung süßer Mol­ken; wenn es mit frisch gebrann­tem gepül­ver­tem Kal­ke gekne­tet wird, ent­sie­het einer der fes­tes­ten Küt­te. In zehn Thei-len Was­ser auf­ge­löst und trü­ben Flüs­sig­kei­ten zuge­mischt, macht es die­se hell, wenn man sie jäh­ling damit ins Kochen bringt, Abklä­ren.

Der in der Mit­te des Eiwei­ßes schwim­men­de gel­be Theil, das Eidot­ter (vitel­lus ovi), wor­aus beim Bebrü­ten das klei­ne Huhn ent­steht, wel­ches bis zum Aus­krie­chen von dem Eiwei­ße sei­ne Nah­rung zieht, löset sich emul­sion­ar­tig in Was­ser auf, macht es gleich einer Sei­fe mit Fet­tig­kei­ten und Har­zen misch­bar, und ent­hält außer einer Eiweiß­sub­stanz noch eine Men­ge ölar­ti­ges thie­r­i­sches Fett, das Eier­öl (ole­um ovor­um).

Lez­te­res zu erhal­ten, muß die Eiweiß­sub­stanz der Dot­ter zum Gerin­nen gebracht und ihm das über­flüs­si­ge Was­ser ent­zo­gen wer­den. Aus den hart gekoch­ten Eiern nimmt man die gleich­falls erhär­te­ten Dot­tern her­aus, rührt sie bey gelin­dem Feu­er eini­ge Zeit lang, damit sie tro­cken wer­den aber nicht anbren­nen, ver­stärkt dann die Hit­ze etwas, bis die Mas­se zu damp­fen auf­hört, einen fet­ten Glanz bekömmt, und etwas wie­der erwei­chet, so daß sie zwi­schen den Fin­gern gedrückt, Oel aus­schwit­zen läßt. So schüt­tet man sie geschwind in einen Beu­tel und preßt zwi­schen Plat­ten, in kochen­dem Was­ser heiß gewacht, das thie­r­i­sche Oel aus. Es ist gelb, geschmack­los, von Geru­che der Eidot­ter, und wird bei mäßi­ger Käl­te dick­lich. Funfzig Eidot­ter geben höchs­tens fünf Unzen Oel. Acht Tage lang an der Luft getrock­ne­te Eidot­ter mit der Hälf­te Gewicht des stär­kes­ten Wein­geis­tes gemischt, dann mit einem zehn­fa­chen Gewicht Was­ser, wor­inn etwas Alaun auf­ge­löst wor­den, ver­dünnt, und Tag und Nacht stehn gelas­sen, sol­len die­ses Oel, ohne Feu­er, geben, sechs Quent­chen von acht Eidottern.

Man schreibt dem Eier­öl eine vor­züg­lich lin­dern­de, schmei­di­gen­de Kraft zu, vor­züg­lich bei auf­ge­sprun­ge­nen War­zen und Lip­pen, so wie auf Gold­ader­kno­ten gestrichen.

Das rohe Eier­gelb ist mehr als alle and­re Thier­sub-stan­zen leicht und kräf­tig näh­rend; für Aus­ge­hun­ger­te, nach gro­ßen Blut­stür­zen, und bey ver­hin­der­tem Schlin­gen in Klysti­ren. Man will es in der Gelb­sucht dien­lich gefun­den haben.