Ipekakuanhe

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Ipe­ka­ku­an­he, ist eine Wur­zel, der man vie­ler­lei Namen und man­nig­fal­ti­ge inne­re und äuße­re Far­ben zuge­schrie­ben hat. Unter­sucht man die Sache aber genau, so bleibt (außer der unten vor­kom­men­den wei­ßen Ipe­ka­ku­an­he) wei­ter kei­ne in Euro­pa gebräuch­li­che übrig, als die gewöhn­li­che (Ipe­cacu­an­ha, Ipec. vul­ga­ris). Ver­geb­lich hat man sie in die brau­ne (Ipe­cacu­an­ha fus­ca) und graue (Ipe­cacu­an­ha cine-rea, gri­sea) ein­zut­hei­len gesucht, und bald die­se aus Bra­si­li­en (Ipec. bra­si­li­en­sis), bald jene aus Peru (Ipe­cacu­an­ha peru­vi­a­na) vor­zugs­wei­se her­ge­lei­tet, da sie doch unter allen vor­kom­men­den Gestal­ten und angeb­li­chen Far­ben in bei­den Gegen­den wächst, und die Wur­zel einer und der­sel­ben Pflan­ze ist.

Es sind sämmt­lich etwa fin­ger­lan­ge, theils län­ge­re, theils kür­ze­re Wur­zeln von ver­schie­de­ner Dicke (die dicks­ten sind von der Stär­ke eines klei­nen Gän­se­kiels, die dünns­ten eine hal­be Linie), wel­che hin und her gebo­gen und mit wulst­ar­ti­gen Run­zeln theils ring­för­mig, theils halb­ring­för­mig, umge­ben sind, die ent­we­der dicht anein­an­der gereiht, oder etwas von ein­an­der ent­fernt ste­hen. Die­se runz­lich­ten Wur­zel­stü­cken, vor­züg­lich die dickern, sind äußer­lich mit einem erd­farb­nen (bräun­lich dun­kel­grau­en) Ober­häut­chen umklei­det, wor­un­ter die oft mes­ser­rü­cken­di­cke Rin­de liegt, wel­che sehr sprö­de und bei den bes­ten Stü­cken honig­far­big mit dunk­lern und weiß­li­chern Schat­ti­run-gen, und wie Harz an den dün­nen Split­tern durch­schei­nend ist. Sie umgie­bt eine sehr zähe, gilb­lich wei­ße, inne­re Holz­fa­ser, eine hal­be bis gan­ze Linie dick, ohne Geschmack und Kraft.

Die schwärz­lich­te Ober­haut der bes­ten Stü­cke mag die Alten ver­lei­tet haben, sie Ipe­cacu­an­ha nigra, und die Far­be der dicken har­zi­gen Rin­de die­ser bes­sern Wur­zeln, sie (Ipe­cacu­an­ha fus­ca) brau­ne Ipe­ka­ku­an­he zu nen­nen, denn die übri­gen äußern Kenn­zei­chen, die sie von bei­den Sor­ten ange­ben, flie­ßen in eins zusam­men; und die grö­ße­re Kräf­tig­keit ihrer brau­nen Ipe­ka­ku­an­he kann man frei­lich nur allein von der mit der dicken, inwen­dig honig­far­bi­gen Rin­de erwar­ten, wel­ches die bes­ten Stü­cke uns­rer gewöhn­li­chen Brech­wur­zel sind.

Die­se vor­zugs­wei­se nur allein so zu nen­nen­den Ipe­ka­ku­an­he­wur­zeln endi­gen sich zum Theil in haken­för­mi­ge hol­zi­ge Sten­gel oder in kno­ten­lo­se, glat­te, gera­de­re lini­en­di­cke Fasern, wel­che die Loh­den der krie­chen­den Wur­zel zu seyn schei­nen. Bei­de letz­te­re sind äußer­lich von lich­te­rer asch­grau­er Far­be, und unter die­sem dün­nen Ober­häut­chen liegt gleich der gilb­lich­wei­ße hol­zi­ge Kern. Sie sind zur arz­nei­li­chen Absicht untüch­tig und mögen wohl, wenn sie sich häu­fig dar­un­ter befan­den, der unkräf­ti­gern Dro­que den Namen der asch­grau­en Brech­wur­zel (Ipec. cine­rea, gri­sea, albicans) ver­schafft haben, wo nicht die hell­graue Far­be auch der bes­ten Wur­zel­stü­cke in Pul­ver­ge­stalt zu die­ser Benen­nung bei­tru­gen (blos der fabel­haf­te Pomet gedenkt einer Ipec. fla­va, die außer ihm nie­mand kennt).

Der Geruch des fri­schen Pul­vers ist gering, aber wid­rig; der Geschmack, vor­züg­lich der har­zi­gen Rin­de, als dem eigent­lich kräf­ti­gen Thei­le, ist nicht auf­fal­lend, etwas salz­haft­ste­chend, wonach auf der Zun­ge ein fett­ar­ti­ger Ueber­zug, hin­ten im Hal­se aber ein etwas ran­zi­ger (gal­mi­ger) Geschmack gespürt wird.

Man wählt, wie gesagt, die dickern, dun­kel­far­bi­gen, mit wulst­ar­ti­gen Rin­gen und Kno­ten besetz­ten Wur­zel­stü­cken mit dicker Rin­de­sub­stanz und dün­ner Kern­fa­ser, und ver­wirft die glat­ten, gera­den, hell­far­bi­gen Zasern und hol­zi­gen Stengel.

Man hebt die unge­pül­ver­te Wur­zel so wie das Pul­ver davon in dicht ver­stopf­ten Glä­sern auf, weil sie selbst in ers­te­rer Gestalt, und noch leich­ter in letz­te­rer, bald unkräf­ti­ger von dem Zutritt der Luft werden.

Man muß sich beim Pül­vern Mund und Nase ver­bin­den, und (Gift) in einen ablei­ten­den Luft­zug stel­len, weil der Staub kon­vul­si­vi­sches Nie­ßen, Spei­chel­fluß, auch wohl Blut­hus­ten erregt.

Da blos im sprö­den rin­di­gen Thei­le die Kraft liegt, so wird ein Apo­the­ker, der auf Ver­bes­se­rung sei­ner Kunst sieht, die kno­ti­gen Ipe­ka­ku­an­he­wur­zeln allein zum Arz­neige­brau­che aus­le­sen, und sie zuerst in einem höl­zer­nen Mör­sel mit höl­zer­ner Pistil­le sto­ßen las­sen, da dann blos die rin­di­ge Sub­stanz in fei­ne Thei­le zer­springt, die unkräf­ti­ge zähe Holz­fa­ser aber unbe­rührt bleibt, die man durch ein gröb­li­ches Sieb abson­dert, und dann erst das Rin­den­pul­ver voll­ends fein pülvert.

Die Kraft die­ses vor­treff­li­chen Arz­nei­mit­tels besteht nicht sowohl in Aus­lee­rung des Magens, wel­che durch Brech­wein­stein weit voll­stän­di­ger bewirkt wird, als viel­mehr in Erre­gung anhal­ten­der Uebel­keit und zum Bre­chen reit­zen­den Wür­gens, oft schon (wenn blos die Rin­de genom­men wird) in der Gabe von einem vier­tel, hal­ben bis gan­zen Gran. Das fast trock­ne Ein­neh­men des Pul­vers ver­hin­dert das Aus­bre­chen des­sel­ben und beför­dert den Wür­ge­reitz, wodurch oft die hart­nä­ckigs­ten Ver­stop­fun­gen der kleins­ten Gefä­ße des Unter­lei­bes und der Brust all­mäh­lig auf­ge­lö­set, hek­ti­sche Fie­ber geheilt, von Krampf abhän­gen­de Bauch- und Blut­flüs­se gehem­met, und man­cher­lei chro­ni­sche Krank­hei­ten von unter­drück­ter Aus­düns­tung und Unt­hä­tig­keit der Ver­dau­ungs­werk­zeu­ge, so wie Stick- und Krampf­hus­ten geho­ben wer­den. Vor­züg­lich wird dadurch in Ver­bin­dung mit Mohn­saft (pulv. Doveri) der Schweiß am gewis­ses­ten erregt.

Durch Abko­chen ver­liert sie ihre Kräfte.

Die eig­ne äuße­re und inne­re Beschaf­fen­heit der Ipe­ka­ku­an­he­wur­zeln läßt nicht befürch­ten, daß sie mit andern fal­schen ver­wech­selt wer­den könnte.

Den Ursprung die­ser Wur­zel kennt man immer noch nicht, obgleich Mutis Zeug­niß, der von einem Kräu­ter­händ­ler in Mexi­ko die angeb­li­che Mut­ter­pflan­ze davon erhielt, eini­ges Gewicht hat; er erkann­te sie für

Psy­cho­tria eme­ti­ca, L. [? Piso Ind. utr. res nat. Icon. S. 231.] ein nie­der­lie­gen­des Gewächs, mit lan­zet­för­mi­gen, glat­ten Blät­tern, pfrie­men­för­mi­gen, unter dem Blatt­stie­le her­vor­kom­men­den Neben­blätt­chen, und in den Blatt­win­keln ste­hen­den Blu­men­köp­fen mit weni­gen, wei­ßen Blüthen.

Ver­gleicht man aber die Brech­wur­zel mit den Gestal­ten der Wur­zeln der ver­schied­nen Arten der Gat­tung Vio­la, so wird man geneigt, sie wenigs­tens eben so gern unter die­sem Geschlech­te auf­zu­su­chen, wie sie denn auch All­amand für Vio­la dian­dra, und Au-blet für Vio­la itu­buhält.

Die wei­ße Ipe­ka­ku­an­he hält Ber­gi­us für das Ipe­ka­ku­an­veil­chen.