Krystallisirung

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Krystal­li­si­rung (Crystal­li­sa­tio) ist die durch die Geset­ze der Natur erfol­gen­de und durch die Kunst gelei­te­te Bil­dung der auf­ge­lös­ten Sal­ze zu fes­ten Kör­pern von bestimm­ter Form, unter Abschei­dung einer oft emp­find­li­chen Men­ge von Wär­me­stoff. Bei die­ser Ver­rich­tung hat man theils die Absicht, die Sal­ze von ihrem Auf­lö­sungs­was­ser zu befrei­en, und sie zu fes­ten Kör­pern von bestimm­ter, ihnen eig­ner Gestalt dar­zu­stel­len, theils sie von Unrei­nig­keit und frem­der Far­be zu befrei­en, theils auch meh­re­re unter ein­an­der gemisch­te Sal­ze zu trennen.

Die­se letz­te­re Absicht zu errei­chen, wird eine genaue Kennt­niß der ver­schied­nen Anschie­ßungs­fä­hig-keit jedes ein­zel­nen Sal­zes, und ihrer eigent­hüm­li­chen Gestal­ten erfor­dert, Kennt­nis­se, die noch nicht genau erör­tert sind, und nicht hie­her gehören.

Um die Sal­ze von frem­der Far­be und Schmut­ze durch die Krystal­li­sa­ti­on zu befrei­en, so ist es frei­lich im all­ge­mei­nen hin­rei­chend, sie in Was­ser auf­zu­lö­sen, die Auf­lö­sung durch­zu­sei­hen, das Durch­ge­sei­he-te bis zum Anschuß­punk­te abzu­damp­fen, und zur Krystal­li­sa­ti­on hin­zu­stel­len, wenn die Unrei­nig­kei­ten eine blo­ße Trüb­heit in der Lau­ge aus­mach­ten, die das Fil­t­rum zurück­hält; wo aber die frem­de Far­be eine im Was­ser eben­falls auf­lös­li­che Sub­stanz ist, die durch das Fil­t­rum hin­durch­geht, da wird auch die nach­fol­gen­de Krystal­li­sa­ti­on Salz­krystal­le bil­den, die etwas von die­ser fär­ben­den Sub­stanz behal­ten, und nicht völ­lig rein, obgleich immer rei­ner sind, als vor die­ser Ope­ra­ti­on, vor­züg­lich wenn sie sehr all­mäh­lich zu Stan­de gebracht wird. In die­sem Fal­le müs­sen die Lau­gen vor dem Abdamp­fen auf eine Art gerei­nigt und nach Beschaf­fen­heit farbelos gemacht wer­den, wie unter Abklä­ren und Ent­fär­ben gesagt wor­den ist. Sind die schmut­zi­gen Sal­ze feu­er­be­stän­dig, so dient es zuwei­len, daß man sie glü­he und den Extrak­tiv­s­tof dadurch zur Koh­le zer­set­ze, da sie dann auf­ge­löst, fil-trirt und abge­dampft durch die Krystal­li­sa­ti­on rei­ne Sal­ze darstellen.

Um aber über­haupt Sal­ze aus ihren Lau­gen als wohl­ge­form­te Krystal­le dar­zu­stel­len, ein Gegen­stand, der uns hier im All­ge­mei­nen beschäf­tigt, ist ers­tens nöthig, den zur guten Krystal­li­sa­ti­on erfor­der­li­chen Grad von Kon­zen­tra­ti­on der Salz­lau­ge, das ist, den Anschuß­punkt jedes ein­zel­nen Sal­zes zu ken­nen, und zwei­tens die gehö­rig abge­dampf­te Lau­ge in die Lage zu set­zen, daß die Sal­ze am leich­tes­ten und voll­kom­mens­ten dar­aus anschie­ßen können.

Was den gehö­ri­gen Anschuß­punkt der Salz­lau­gen betrifft, so ist die gewöhn­li­che Ver­ord­nung, sie abzu­damp­fen, bis ein Salz­häut­chen auf der Lau­ge ent­ste­he, nur bei den Sal­zen brauch­bar, die eine etwas ansehn­li­che Men­ge kochen­den Was­sers zu ihrer Auf­lö­sung erfor­dern, wie das Koch­salz, das Diges­tiv­salz und der Vitriol­wein­stein, nicht aber bei denen, wel­che bei gehö­ri­ger Hit­ze selbst in ihrem eig­nen Krystal­li­sa­ti­ons-was­ser zer­schmel­zen, oder doch nur eine unmerk­lich klei­ne Men­ge sie­den­den Was­sers zu ihrer Auf­lö­sung brau­chen, wie das Glau­ber­salz, das Bit­ter­salz, der Zucker, der Sal­pe­ter, der Eisen­vi­tri­ol, der Alaun u.s.w. Bei die­sen erscheint kaum ein Salz­häut­chen, wenn schon die Lau­ge so ein­ge­dickt ist, daß sie beim Erkal­ten einen trock­nen, unförm­li­chen Salz­klum­pen bil­det. Etwas bes­ser bestimmt man den Anschuß­punkt der Salz­lau­gen, wenn ein Trop­fen davon auf eine kal­te eiser­ne Plat­te getröp­felt, zum grö­ßern Thei­le in fei­ne Krystal­len anschießt, zum klei­nern Thei­le aber noch Feuch­tig­keit bleibt; denn gerinnt der Trop­fen ganz zu Sal­ze, ohne noch übri­ge Feuch­tig­keit, so ist die Kon­zen­tra­ti­on der Lau­ge schon zu stark und die Krystal­len schie­ßen unor­dent­lich und über­eilt zu einem Klum­pen an. Doch dient die­se Pro­be größ­tent-heils nur für Lau­gen, deren Sal­ze durch Käl­te sich krystallisiren.

Im All­ge­mei­nen ist der­je­ni­ge Anschuß­punkt der bes­te, wenn die Lau­ge noch so viel Was­ser ent­hält, daß in der Tem­pe­ra­tur, wor­in sie krystal­li­si­ren soll, noch etwa zwei Fünf­tel oder ein Drit­tel des Sal­zes auf­ge­löst blei­ben kann. So wür­de z.B. eine Lau­ge, wel­che vier Pfund Glau­ber­salz ent­hält, bei gehö­ri­gem Anschuß­punk­te neun Pfund wie­gen müs­sen, wenn die Krystal­li­sa­ti­on bei Kel­ler­tem­pe­ra­tur vor sich gehen soll; soll aber die Lau­ge mit eben so viel Glau­ber­salz­ge­hal­te der Gefrier­käl­te blos­ge­stellt wer­den, so wird sie am bes­ten nur bis zu zwan­zig Pfund an Gewich­te ein­ge­dickt. Hie­zu gehört es, daß man wis­se, wie viel eine bestimm­te Men­ge Was­ser von einem gegeb­nen Sal­ze bei der anzu­wen­den­den Krystal­li­sa­ti­ons­tem­pe-ratur auf­lö­sen, oder wel­ches einer­lei ist, auf­ge­löst erhal­ten kön­ne, wel­ches, so viel es bekannt wor­den, bei jedem ein­zel­nen Sal­ze ange­zeigt ist.

Was aber die Umstän­de betrifft, unter denen die Sal­ze recht groß, recht rein und recht wohl­ge­formt anschie­ßen und recht fest wer­den kön­nen, so kom­men sie zwar zum Theil jeder guten Krystal­li­sa­ti­ons­ar­beit zu, zum Theil aber sind sie nach der Natur eines jeden Sal­zes verschieden.

In Absicht der erstern ist 1) bei allen Krystal­li­si-run­gen zuträg­lich, daß die Lau­gen in der­sel­ben Tem­pe­ra­tur, in der sie abdampf­ten, zu ihrem Krystal­li­sa­ti-ons­stan­de gebracht oder doch sehr sanft dahin getra­gen wer­den, wenn sie schon ver­kühlt ist, wenn man anderst wohl­ge­bil­de­te Krystal­len und kei­ne ver­wirr­ten Anschüs­se haben will. Hat man daher nöthig noch Was­ser oder dün­ne Lau­ge nach­zu­gie­ßen, so muß das gan­ze erst wie­der bis zum Kochen gebracht wer­den, ehe­man es zum Anschie­ßen hin­setzt. Des­halb thut man auch wohl, die Lau­gen vor­her zu fil­tri­ren, ehe sie zum Anschuß­punk­te abge­raucht sind, weil das Fil­tri­ren der fer­ti­gen Lau­ge eine ungleich­ar­ti­ge Mischung in der Flüs­sig­keit hervorbringt.

2) Alle zu krystal­li­si­ren­de Lau­gen müs­sen auf ihrem Stand­or­te so unge­rührt und so unge­stört als mög­lich in Ruhe gelas­sen wer­den. Jede Erschüt­te­rung der Lau­gen bringt eine Unord­nung und Unförm­lich-keit in den Krystal­len zuwe­ge. Der plat­te Fuß­bo­den eines ent­fern­ten Thei­les uns­rer Woh­nun­gen, die Kel­ler u.s.w. sind daher weit schick­li­che­re Stel­len zu Krystal­li­sa­tio­nen, als Tische in Wohn­zim­mern u.d.gl.

3) Allen Anschüs­sen muß man Zeit genug las­sen, damit sich nicht nur alles Salz so viel mög­lich her­aus-krystal­li­si­re, son­dern vor­züg­lich, damit die Krystal­len ihre gehö­ri­ge Fes­tig­keit erlan­gen. Inner­halb Tag und Nacht been­dig­te Anschüs­se kön­nen viel­leicht ziem­lich rein aus­krystal­li­sirt seyn, auch viel­leicht ziem­lich wohl­ge­bil­de­te Krystal­len ent­hal­ten, letz­te­re aber haben lan­ge die Fes­tig­keit und Här­te nicht, als wenn man der Krystal­li­sa­ti­on eine oder etli­che Wochen Zeit ließ.

4) Man muß eine ansehn­li­che Men­ge Salz­lau­ge zur Krystal­li­sa­ti­on in einem Gefä­ße hin­stel­len, wenn man gro­ße, ansehn­li­che Krystal­len verlangt.

In Absicht der zwei­ten Art von Umstän­den, wel­che der ver­schied­nen Natur der zu krystal­li­si­ren­den Sal­ze ange­paßt wer­den müs­sen, so muß man die Sal­ze über­haupt in drei Klas­sen eint­hei­len, 1) in sol­che, wel­che in jeder Tem­pe­ra­tur, in kal­tem und hei­ßem Was­ser leicht auf­lös­lich sind; 2) in sol­che, wel­che in jeder Tem­pe­ra­tur schwer­auf­lös­lich in Was­ser sind, und 3) in sol­che, wel­che in hei­ßem Was­ser weit leich­ter als in kal­tem sich auf­lö­sen lassen.

Die­se drit­te Klas­se, wor­un­ter Glau­ber­salz, Sal­pe­ter, Alaun und so wei­ter gehö­ren, macht zwar wenig Schwie­rig­kei­ten, wenn man blos auf die Men­ge des Krystal­li­sa­ti­ons­pro­dukts sieht. Da darf man nur die stark abge­dampf­te Lau­ge einer star­ken Käl­te aus­set­zen, und man bekömmt was man will, einen star­ken Anschuß. Aber ob die Krystal­len wohl­ge­bil­det sind? das ist eine and­re Fra­ge. Will man auch letz­tern Ent-zweck errei­chen, so thut man bei die­sen Sal­zen wohl, ihre Lau­gen nicht all­zu sehr zu ins­pis­si­ren, wenn sie einer star­ken Käl­te aus­ge­setzt wer­den sol­len, weil sonst ein über­eil­ter Anschuß, ein ver­wirr­ter Salz­klum­pen ent­steht. Eben so nöthig ist es, die hei­ße Lau­ge sol­cher Sal­ze dahin zu brin­gen, daß sie nur sehr all­mäh­lich ver­küh­le. Zu die­ser Absicht kann man das Gefäß mit der Lau­ge, vor­züg­lich wenn sie stark abge­dampft ist, z.B. zuerst in den Kel­ler stel­len und erst nach Ver­fluß von Tag und Nacht der Gefrier­käl­te aus­set­zen, oder wenn die Krystal­li­sa­ti­on blos im Kel­ler zu been­di­gen ist, und recht schön aus­fal­len soll, des all­mäh­li­gern Erküh­lens wegen, die Lau­ge in einem höl­zer­nen Gefä­ße mit einem Deckel zur Krystal­li­sa-tion hin­stel­len, das Gefäß auch wohl noch mit Stroh, Hexel, Heu u.d.gl. umge­ben u.s.w. Ja, die Hol­län­der umge­ben sogar die metal­le­nen Geschir­re, wor­in der Borax (ein eben­falls in die­se Klas­se gehö­ri­ges Salz) anschie­ßen soll, mit Pfer­de­mist mit Heu gemischt.

Die ers­te Klas­se der Sal­ze, wor­un­ter das Bit­ter­salz, der Zucker, der Eisen‑, der Zink­vi­tri­ol, das Mine­ral­lau­gen­salz, die wesent­li­che Wein­stein­säu­re u.s.w. gehö­ren, erfor­dert, da hier die Käl­te wenig oder nichts zum Anschus­se bei­trägt, and­re Hand­grif­fe, wenn man wohl­ge­bil­de­te und gro­ße Krystal­len erhal­ten will. Sie wer­den am bes­ten durch all­mäh­li­ges Ver­duns­ten ihrer schon fast bis zum Anschuß­punk­te abge­dampf­ten Lau­gen in einer star­ken Stu­ben­wär­me (Wärm­stu­be) krystal­li­sirt, bei 100 bis 120 Fahr. Gra­den. Scheu­et man eine sol­che Vor­rich­tung bei klei­nen Mas­sen, so damp­fe man die Lau­ge bis zum gehö­ri­gen Anschuß­punk­te ab, stel­le sie an einen recht trock­nen Ort, und brin­ge die Krystal­li­sa­ti­on durch Ein­wer­fung einer klei­nen wohl­ge­bil­de­ten Krystal­le des­sel­ben Sal­zes in die ganz erkal­te­te Lau­ge in Gang.

Den ers­ten Anfang des Anschus­ses zu machen, ist es auch nicht uneben, das Krystal­li­sa­ti­ons­ge­schirr vor Ein­gie­ßung der Lau­ge mit star­kem Wein­geist aus­zu­schwen­ken, oder wenn die Lau­ge eini­ge Zeit gestan­den hat, oben­auf etwas rek­ti­fi­zir­ten Wein­geist zu gie­ßen, wel­cher durch Anzie­hung des Was­sers augen­blick­lich einen Anfang zur Krystal­li­sa­ti­on macht bei Sal­zen, die im Wein­geis­te unauf­lös­lich sind.

Sonst kann man auch in gehö­rig abge­dampf­te Lau­gen von Sal­zen die­ser Art, wenn sich bin­nen eini­ger Zeit kein Anschuß zeigt, dün­ne höl­zer­ne Stäb­chen, Reiß­holz oder Zwirn­fa­den ein­brin­gen, wor­an die Kry-stal­len dann anwachsen.

Bei die­sen Sal­zen ist der Anschuß­punkt schwer zu tref­fen, wenn man die all­mäh­li­che Ver­duns­tung in der Wär­me nicht zu Hül­fe neh­men will. Das Gewicht der Lau­ge mit dem Gewich­te des dar­in vor­han­den Sal­zes ver­gli­chen, gie­bt den rech­ten Punkt an. Sonst sie­het man auch an einer erkal­te­ten Pro­be der Lau­ge, ob sich eine klei­ne hin­ein­ge­wor­fe­ne Krystal­le der­sel­ben Art Sal­zes durch Rüh­ren dar­in auf­lö­set oder nicht. Im ers­ten Fal­le muß die Abdamp­fung noch wei­ter getrie­ben werden.

Die Sal­ze der zwei­ten Klas­se sind die­je­ni­gen, wel­che zwei Thei­le sie­den­des Was­ser und mehr zur Auf­lö­sung brau­chen, wor­un­ter der Wein­stein­rahm, der Vitriol­wein­stein u.s.w. gehö­ren. Ihre kochen­den Auf­lö­sun­gen sind sehr geneigt, bei ent­ste­hen­der Erkal­tung ihren Salz­ge­halt ohne Ver­zug als ein aus sehr fei­nen Krystal­len bestehen­des Pul­ver völ­lig nie­der­fal­len zu las­sen; ver­muth­lich weil bei ihrem Anschie­ßen sich sehr wenig Wär­me­stoff ent­bin­det. Es ist des­halb schwer, sie in gro­ßen Krystal­len dar­zu­stel­len; doch gelangt man zum Zie­le, wenn man gro­ße Quan­ti­tä­ten sol­cher Lau­gen auf ein­mal dazu anstel­len kann, wenn man ihre bis zur Erschei­nung eines nur dün­nen Häut­chens ein­ge­sot­te­nen Lau­gen in eben der Stel­le und in eben dem (gro­ßen) Gefä­ße, wor­in sie abge­raucht wor­den, ruhig, aber wohl bedeckt ste­hen und so all­mäh­lich als mög­lich erkal­ten läßt. Will man die Krystal­len noch grö­ßer haben, so muß man das Anschuß­ge-fäß in der­sel­ben Stel­le ruhig eini­ge Wochen lang ste­hen las­sen, und zwar so, daß die oben­ste­hen­de Salz­haut unbe­rührt bleibt. Am größ­ten wer­den die Krystal­len auch von die­ser Art Sal­zen, bei einer all­mäh­li­chen Abdüns­tung in Diger­ir­wär­me (wenn sichs der Mühe lohnt) d.i. in der von 100° bis 120° Fhr. geheiz­ten Wärm­stu­be, wie auch das auf kei­ne and­re Art zu krystal­li­si­ren­de Barytes­sig­s­alz behan­delt wer­den muß, wel­ches in eben die­se Klas­se gehört. Eben so muß das, auch in die­se Klas­se gehö­ri­ge, Kup­fer­es­sig­s­alz zu gro­ßen Krystal­len gebracht wer­den. Sel­ten wer­den ansehn­li­che Krystal­len von die­ser Art Sal­zen in den Offi­zi­nen ver­langt, der Apo­the­ker muß sie aber doch zu berei­ten wissen.

Hän­gen den Krystal­len der zwei­ten und drit­ten Klas­se noch trü­be Unrei­nig­kei­ten an, so las­sen sie sich durch recht kal­tes Was­ser bequem abwa­schen, wel­ches bei Berei­tun­gen im Gro­ßen beque­mer als mit Durch­sei­hen der Lau­ge geschieht.

Um die unan­schieß­ba­ren Mut­ter­lau­gen von Sal­zen der ers­ten Klas­se abzu­brin­gen, darf man die Krys­tal-len nur sogleich auf Lösch- oder Flies­pa­pier legen, und an einem etwas feuch­ten Ort, z.B. in dem Kel­ler, ste­hen las­sen. Das durch­näs­se­te Papier wird mit trock­nem ver­wech­selt, bis sich nichts mehr hin­ein zie­hen will. Auf die­se Art bringt man die zer­flie­ßen­de Mut­ter­lau­ge bes­ser von den Sal­zen, ja selbst aus ihren innern Zwi­schen­räu­men her­aus, als durch Wie­der­auf­lö­sen und noch­ma­li­ges Krystal­li­si­ren dient es auch, sie mit Wein­geist abzu­spü­len, wenn, wie oft, die Mut­ter­lau­ge, nicht aber das Salz, in dem­sel­ben auf­lös­lich ist.

Die bei Krystal­li­sa­tio­nen so nöthig zu wis­sen­de Auf­lös­lich­keit der offi­ci­nel­len Sal­ze wird man bei jedem ein­zel­nen Sal­ze ange­zeigt fin­den, so fern sie bekannt ist.

Die Anschuß­ge­fä­ße müs­sen so gear­tet seyn, daß sie weder von der Lau­ge oder den Sal­zen ange­grif­fen, noch von ihnen durch­drun­gen wer­den. Die von Vie­len ange­ra­the­nen thö­ner­nen gla­sur­ten Geschir­re schi­cken sich des­halb zu kei­ner Art von Krystal­li­sa­ti­on, theils der zu befürch­ten­den Auf­lö­sung der Blei­glät­te wegen, theils weil sie geschwind von allen Sal­zen, der fes­tes­ten Gla­sur unge­ach­tet, durch­drun­gen wer­den, so daß sie äußer­lich damit beschla­gen, sich auch wohl zer-blät­tern, und wenn der Anschuß lan­ge dau­ert, wohl gar zer­bers­ten; theils weil die Salz­an­schüs­se, wenn sie gehö­rig fest sind, sich nicht davon los­ma­chen las­sen, ohne daß Thei­le der Gla­sur dran hän­gen blei­ben. Fast glei­che Nacht­hei­le haben die Geschir­re von eng­li­schem Steingut.

Blos die deut­schen stein­zeug­nen, die glä­ser­nen, die höl­zer­nen und zu eini­gen Arbei­ten die kup­fer­nen, blei­er­nen und zin­ner­nen Geschir­re kön­nen zu die­ser Ver­rich­tung, doch mit Aus­wahl gebraucht wer­den, wel­che die Che­mie lehrt.

Eini­ge Sal­ze las­sen sich schwer­lich zu Krystal­len brin­gen, wenn die Lau­ge freie Säu­re ent­hält, z.B. das Seig­net­tes­alz und der tar­ta­ri­sir­te Wein­stein; and­re schie­ßen in die­sem Fal­le gar nicht zu Krystal­len an, wenn die Lau­ge auch noch so stark abge­dampft ist, wie z.B. die phos­phor­sauren Neu­tral­sal­ze. Bei­de Arten Lau­gen müs­sen ent­we­der voll­kom­men mit Lau­gen­salz gesät­tigt seyn, oder, was noch bes­ser, einen klei­nen Ueber­schuß an Lau­gen­salz ent­hal­ten, das man den Sal­zen wie­der benimmt, wenn man ihre Krystal­le nach erwähn­ter Wei­se auf oft erneu­er­tem Fließ­pa­pier an einem feuch­ten Orte völ­lig able­cken läßt. Das Neu­tral­salz bleibt dann voll­kom­men mit­tel­sal­zig zurück, da nach aller Wahr­schein­lich­keit zu dem für die Bil­dung der Krystal­len erfor­der­li­chen Was­ser (Krystal­li­sa­ti­ons­was­ser) von der Natur mög­lichst rei­nes Was­ser aus der Lau­ge gezo­gen wird.

Weni­ge Sal­ze brau­chen zur gehö­ri­gen Krystal­li­sa-tion freie über­schüs­si­ge Säu­re, z.B. das Seda­tiv­salz, zum Theil auch das Potaschessigsalz.

Die Krystal­len von Neu­tral­sal­zen mit mine­ra­lisch-lau­gen­sal­zi­ger Basis wer­den am bes­ten in feuch­ten Oer­ten z.B. im Kel­ler, und in ver­schlos­se­nen Gefä­ßen auf­be­wahrt, weil sie ihr Krystal­li­sa­ti­ons­was­ser so leicht an trock­ner Luft ver­lie­ren und zu wei­ßem Pul­ver zerfallen.

Es gie­bt noch eine vier­te Klas­se von Sal­zen, die ich nicht mit in die Rei­he gesetzt habe, weil ihre Krys­tal-lisa­ti­on so sel­ten ver­langt wird, ich mei­ne die Mit­tel­sal­ze der gewöhn­li­chen Mut­ter­lau­gen, die erdi­gen Koch- und Sal­pe­ter­sal­ze und eini­ge and­re, wel­che kaum gebil­det, schon wie­der an der Luft zerfließen.

Man kann sie auf kei­ne and­re Art zu Krystal­len brin­gen, als daß man ihre, gehö­rig vom Extrak­tiv­stof­fe durch Koh­len­pul­ver (sie­he Ent­fär­ben und Koh­len) befrei­ten und bis zur Sirups­di­cke abge­dampf­ten Lau­gen in glä­ser­ne erwärm­te Fla­schen noch ganz heiß gießt, die Mün­dung luft­dicht ver­stopft, dem Anschus­se meh­re­re Wochen Zeit läßt, und dann die fest­ge­bil­de­ten Krystal­len auf lockerm Fließ­pa­pie­re, unter einer dar­über gedeck­ten Stür­ze von Glas u.s.w. abge­leckt, in einer fest ver­stopf­ten Fla­sche vor dem Zutritt der frei­en Luft bewahrt und aufhebt.