Lehrbuch der biologischen Heilmittel
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Absinthium wird verordnet als Stomachikum bei dyspeptischen Zuständen und gestörter Azidität (Hyper- und Hypoazidität), sowie bei Gallen- und Leberleiden. Sehr eindrucksvoll ist die Wirkung bei üblem Mundgeruch und üblem Geruch der Fäkalien. Wie auch Kneipp betont, wirkt er in dieser Beziehung vortrefflich. Bei üblem Mundgeruch genügt auch schon Gurgeln mit Wermutabkochungen. Weiter werden gute Resultate beobachtet bei Appetitlosigkeit, Flatulenz, Pyrosis, Blutarmut, Enteritis und Ikterus. In vereinzelten Fällen wird Wermut auch bei Ulcus ventriculi et duodeni und Ca. ventriculi gegeben, doch ist bei diesen Indikationen Vorsicht am Platze. Sehr bekömmlich ist das Mittel für Patienten mit operativ entfernter Gallenblase (Verf.) In “Teep”-Form hebt es die Energie, schafft Lebensfreude und Arbeitslust. Recht häufig ist auch seine Verwendung gegen Madenwürmer (seltener gegen Spulwürmer). SchlieÃlich wirkt es auch bei nervös bedingter Erschöpfung, bei Schlaflosigkeit, Delirien und intermittierendem Fieber.
ÃuÃerlich wird Absinthium gelegentlich als Augenwasser und zu Umschlägen gegen Schlaflosigkeit angewendet.
Absinthium wird viel als Tee verordnet, und zwar oft im Gemisch u. a. mit Calamus, Centaurium, Chamomilla, Condurango, Foeniculum, Gentiana, Mentha pip., Menyanthes und Salvia.
Als Wechselmittel bei Wurmbeschwerden werden genannt: Cina und Spigelia.
Angewandter Pflanzenteil:
Seit dem Altertum sind in der Medizin immer die blühenden Spitzen und Blätter benutzt worden.
Herba Absinthii ist in Deutschland, Ãsterreich, Belgien, Dänemark, Schweiz, Japan, Norwegen, RuÃland, Schweden offizinell.
Zur Bereitung der wirksamen Präparate eignen sich die frischen, jungen, im Juli und August gesammelten Blätter und Blüten, aus denen auch das “Teep” hergestellt wird. Die homöopathische Essenz wird ebenso bereitet (§ 3).
Dosierung:
Ãbliche Dosis:
40–60 Tropfen der Tinktur (Rost-Klemperer);
30–40 Tropfen (Paulsen);
20–30 Tropfen (Loeben);
1 Teelöffel voll (= 1,5 g) täglich zum kalten Auszug oder heiÃen Infus.
(Bohn empfiehlt 10–20 g als tägliche AufguÃmenge, doch ist das entschieden zu hoch.)
2 Tabletten der Frischpflanzenverreibung “Teep” dreimal täglich.
(Die “Teep”-Zubereitung ist auf 10% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,025 g Hb. Absinthii.)
In der Homöopathie:
wenig gebräuchlich, dil. D 2–4, dreimal täglich 10 Tropfen.
Maximaldosis:
Nicht festgesetzt.
Rezepte:
Bei Magenschwäche:
Rp.:
(= Wermutkraut)
D.s.: ½ Teelöffel auf 1 Teeglas kalt ansetzen und 8 Stunden ziehen lassen, tagsüber trinken.
Rezepturpreis ad chart. et c. sign. etwa-.52 RM.
Bei Flatulenz, Ructus und Schlaflosigkeit als Kräutersäckchen (nach Wittich):
Rp.:
Hb. Absinthii
(= Wermutkraut)
Flor. Chamomillae
(= Kamillenblüten)
Hb. Rutae
(= Rautenkraut)
(= Majorankraut)
D.s.: Die getrockneten Kräuter in ein Säckchen binden, erwärmen und auf den Magen auflegen.
Rezepturpreis ad chart. etwa 1.07 RM.
Als Anthelmintikum (nach Meyer):
Rp.:
Flor. Chamomillae
(= Kamillenblüten)
(= Sennesblätter)
(= Rainfarnblüten)
(= Wermutkraut)
M.f. species.
D.s.: 1 EÃlöffel auf 1 Tasse Wasser abkochen.
Früh und abends ½ Tasse warm trinken.
Rezepturpreis ad chart. etwa 1.17 RM.
Species cholagogae (F.M.B.):
Rp.:
Fol. Menth. piperit.
(= Pfefferminzblätter)
Herb. Absinthii
(= Wermutkraut)
Herb. Millefolii
(= Schafgarbenkraut)
Rad. Taraxaci
(= Löwenzahnwurzel)
Rhiz. Zedoariae
ÄÄ ad 100
(= Zitwerwurzel)
M.d.s.: 1 EÃlöffel voll auf eine Tasse Tee.
Zubereitungsvorschlag des Verfassers:
2 Teelöffel voll auf 1 Glas Wasser abends kalt ansetzen und tagsüber kalt trinken.
Als Wurmklistier (nach Friedrich):
Rp.:
(= Wermutkraut)
D.s.: Als Infus zu einem Klistier zu verwenden.
Rezepturpreis ad chart. et c. sign. etwa -.25 RM.
Als Stomachikum (nach Meyer):
Rp.:
Hb. Cardui benedicti
(= Kardobenediktenkraut)
Hb. Absinthii
(= Wermutkraut)
Hb. Centaurii
(= Tausendgüldenkraut)
(= Immergrünkraut)
C.m.f. species.
D.s.: ½ Teelöffel auf 1 Tasse aufgieÃen, schluckweise 1 Tasse vor dem Essen trinken.
Zubereitungsvorschlag des Verfassers:
½ Teelöffel auf 1 Glas Wasser, vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa 1.03 RM.
Oder:
Species amarae (Austr.):
Rp.:
Hb. Absinthii
(= Wermutkraut)
Hb. Centaurii
(= Tausendgüldenkraut)
Flavedin. Cort. Aurant.
ÄÄ 20
(= äuÃere, gelbe Pomeranzenschalen)
Fol. Trifolii
(= Fieberkleeblätter)
(= Kalmuswurzelstock)
Rad. Gentianae
(= Enzianwurzel)
Cort. Cass. cinnam.
ÄÄ 5
(= Cassiazimtrinde)
C.m.f. species.
D.s.: ½ Teelöffel auf 1 Glas Wasser.
Vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa 1.18 RM.
Oder:
Tinctura Absinthii composita (Austr.):
Rp.:
Rhiz. Calami Rad. Gentianae
ÄÄ 2
D.s.: 20 Tropfen mehrmals tägl.
Fußnoten:
1 Fuchs, Hippokrates Sämtl. Werke, Bd. 2, S. 469, 544, Bd. 3, S. 332, 354, 390, 460, 493, 585, 610.
2 Fuchs, Hippokrates Sämtl. Werke, Bd. 2, S. 469, 544, Bd. 3, S. 332, 354, 390, 460, 493, 585, 610.
3 Der Ãbt. Hildegard Causae et Curae, S. 163, 169, 180.
4 Paracelsus Sämtl. Werke, Bd. 1, S. 680, 864, Bd. 3, S. 458, 469, 534
5 Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 229 D.
6 Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 233.
7 Weinmann, Phytanthoza iconographia. Bd. 1, S. 6, Regensburg 1737.
8 Hecker, pract. Arzneimittell., 1814, Bd. 1, S. 279.
9 Hufeland, Enchir. med., S. 146, 163, 198, 220, 258, 403, 404; Journal, Bd. 1, S. 148, 149.
10 Kortum, i. Hufelands Journ., Bd. 15, III., S. 15.
11 Heller, i. Hufelands Journ., Bd. 27, IV., S. 36.
12 Osiander, Volksarzneymittel, S. 47, 113, 185, 189, 192, 226, 355.
13 Clarus, Handb. d. spec. Arzneimittell., 1860, S. 1086.
14 Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 247.
15 Künzle, “Salvia” 1922, S. 31, 50.
16 Potter, Materia medica 1898, S. 66.
17 W. Demitsch, in Histor. Studien aus d. Pharm. Instit. d. Univers. Dorpat, S. 179, Halle 1889 herausgegeben von R. Kobert.
18 Wizenmann, Heilung und Heiligung, Bd. 4, S. 1414, 1930.
19 Lorenz, Der Hausthierarzt, S. 609.
20 C. B. Inverni, Piante medicinale, Bologna 1933.
21 H. Leclerc, Précis de Phytothérapie, S. 33, Paris 1927.
22 Bohn, Heilwerte heim. Pfl., 1920, S. 76.
23 Lewin, Gifte u. Vergiftungen, S. 758, Stuttgart 1929.
24 Michelson, i. Fühners Samlg. v. Vergiftungsfällen, 1934, Nr. 5, S. A 17.
25 Flamm, Hippokrates 1935, Nr. 23, S. 867.
26 Lewin, Nebenwirkungen d. Arzneimittel, S. 621.
27 Wehmer, Die Pflanzenstoffe, S. 1245.
28 GeÃner, Die Gift- u. Arzneipflanzen Mitteleuropas, S. 204.
29 Kobert, Lehrb. d. Intoxik., S. 391; Bohm, Dissert. Halle 1879.
30 Coombs, Mortis u. Pike, Bull. neur. Inst. New York 1931, Bd. 1, S. 145.
31 Vgl. 22).
32 Roux, Bull. gén. de Thérap. 1884, Nov. 30., S. 438.
33 Vgl. 22).
34 Pater, Heil- u. Gewürzpflanzen 1934, Bd. 16, Lfg. ½, S. 59.
35 Nach eigenen Untersuchungen.
36 Teezubereitung für den einfachen Tee:Der im Verhältnis 1:10 heià bereitete Tee ergibt einen Extraktgehalt von 2,17% gegenüber 1,92% bei kalter Zubereitung. Die Glührückstände betragen entsprechend 0,51 und 0,48%. Nur in der kalten Zubereitung ist Peroxydase nachzuweisen. Geschmacklich ist zwischen beiden Zubereitungen kein Unterschied festzustellen. 1 Teelöffel voll wiegt 1,46 g. Für einen trinkbaren Tee kann man höchstens ½ Teelöffel voll auf ein Teeglas verwenden. Da auch dieser Tee noch stark genug ist, kann die Zubereitung sowohl kalt als heià erfolgen.