Ger­hard Mad­aus: Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heil­mit­tel. Ver­lag Georg Thie­me, Leip­zig, 1938
(Ori­gi­nal, voll­stän­dig erhal­ten) – bei eBay zu ver­kau­fenRezen­si­on 1938, Archiv der Pharmazie

Allium sativum – Seite 2 von 4 – Monographie Madaus

Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heilmittel
Mono­gra­phie Alli­um sati­vum (Sei­te 2 von 4)
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Botanisches:

Der Knob­lauch treibt einen bis 1 m hohen Sten­gel, der feder­kiel­dick und stiel­rund ist, und wie die gan­ze Pflan­ze kahl. Er ist unten von den röh­ri­gen Blatt­schei­den umklei­det und trägt dar­über meist fünf linea­le, lang zuge­spitz­te, lauch­grü­ne Blät­ter, die seicht rin­nig, unter­wärts gekielt und ganz­ran­dig sind. Im obe­ren Teil ist der Sten­gel unbe­blät­tert und trägt an der Spit­ze die Blü­ten­dol­de, die von einer sehr lang zuge­spitz­ten, wei­ßen Blü­ten­schei­de umhüllt ist. Die Dol­de besteht aus 25–30 eirun­den Brut­zwie­bel­chen, zwi­schen denen nur weni­ge klei­ne, lang­ge­stiel­te Blü­ten und häu­ti­ge Deck­blätt­chen ste­hen. Die lan­zett­li­chen Blu­men­blät­ter sind spitz, weiß­lich und glatt­kiel­ig. Die Blü­ten blei­ben fast immer ste­ril. Der Blü­ten­schaft ent­springt aus einer klei­nen Haupt­zwie­bel, die von meh­re­ren, fast gleich­gro­ßen Toch­ter­zwie­beln (den soge­nann­ten Knob­lauch­ze­hen) umge­ben ist. Die Zwie­beln sind von wei­ßen, häu­ti­gen Scha­len umhüllt, so daß eine fast faust­gro­ße Gesamt­zwie­bel gebil­det wird.

Alli­um sati­vum, Knoblauch
Zwie­beln (etwa ¼ nat. Gr.)
Die Pflan­ze, die wild auf Sizi­li­en und im Mit­tel­meer­ge­biet vor­kommt, ist als Küchen­ge­wächs über­all kul­ti­viert. Es besteht noch Unklar­heit, ob die in Deutsch­land kul­ti­vier­te Pflan­ze der stark wir­ken­den im Mit­tel­meer­ge­biet gewach­se­nen gleich­wer­tig ist. Blü­te­zeit: Juli bis August.

Geschichtliches und Allgemeines:

Aus den Unter­su­chun­gen von vie­len For­schern geht her­vor, daß der Knob­lauch eine uralte Kul­tur­pflan­ze ist. Schon in der alt­in­di­schen Medi­zin gehör­te der Knob­lauch zu den geschätz­ten Arz­nei­mit­teln. Er wur­de als umstim­men­des Toni­kum bei einer gan­zen Rei­he von Krank­hei­ten genannt, so bei Haut­lei­den, Appe­tit­lo­sig­keit, Dys­pep­sie, Hus­ten, Mager­keit, Rheu­ma­tis­mus, Unter­leibs­schmer­zen, Milz­ver­grö­ße­rung, Hämor­rhoi­den usw. Die sechs­te For­mel im Bow­ler-Manu­skript (zit. nach Orz­echow­ski und Schrei­ber) lau­tet: “Nach­dem einer Kuh drei Näch­te lang das Gras ent­zo­gen wor­den ist, kann sie mit einem Teil Knob­lauch­stau­den und zwei Tei­len Gras gefüt­tert wer­den. Danach kann jeder Brah­ma­ne ihre Milch, dicke Milch und kla­re But­ter, auch But­ter­milch gebrau­chen, und hier­durch von jeder Art von Unwohl­sein befreit, wird er sich glück­lich füh­len.” Auch im alten Ägyp­ten hat der Knob­lauch, wie bild­li­che Dar­stel­lun­gen und Grä­ber­fun­de zei­gen, eine gro­ße Rol­le, beson­ders in der Volks­nah­rung, gespielt. In Vir­gils II. Idyl­le quetscht The­sty­lis Quen­del und Knob­lauch aus für die Schnit­ter, damit sie, in der Mit­tag­son­ne ruhend, nach dem Genuß von Knob­lauch­saft sicher vor Schlan­gen sei­en. Pli­ni­us erzählt, daß die Ägyp­ter unter Anru­fung von Knob­lauch und Zwie­bel ihre Eide leis­te­ten; also gal­ten die­se Pflan­zen als hei­lig. Auch bei den Römern und Grie­chen wur­de der Knob­lauch als Gewürz gebraucht, über­haupt spielt er im Süden auch heu­te noch eine grö­ße­re Rol­le als im Nor­den. Vom Knob­lauch heißt es in “de vic­tu acu­to­rum” von Hip­po­kra­tes “er erre­ge Blä­hun­gen, Hit­ze um die Brust, Schwe­re im Kopf, Beängs­ti­gun­gen und ver­meh­re jeden vor­han­de­nen Schmerz, doch habe er das Gute, die Urin­ab­son­de­rung zu ver­meh­ren.” (An die­sem Aus­spruch ist vie­les rich­tig.) Dio­s­ku­r­i­des hat ihn sehr aus­führ­lich als Heil­pflan­ze behan­delt. Beson­ders emp­fiehlt er ihn als ein gutes Mit­tel gegen den Schlan­gen­biß (mit Wein getrun­ken) und gegen den Biß des tol­len Hun­des (äußer­lich auf­ge­legt), nennt ihn aber auch als ein wurm­trei­ben­des und diure­ti­sches Mit­tel. Mit Salz und Öl soll er Haut­aus­schlag hei­len, mit Honig Flech­ten, Leber­fle­cke und Aus­satz ver­trei­ben. Gale­nus faßt die guten Eigen­schaf­ten des Knob­lauchs zusam­men, indem er ihn den The­ri­ak des Bau­ern nennt. Wein­mann (1737) berich­tet, daß der Knob­lauch im Alter­tum den Sol­da­ten als Mit­tel galt, sich zu kräf­ti­gen und den Mut zu erhöhen.
In Deutsch­land muß er schon lan­ge vor Besitz­ergrei­fung Gal­li­ens und Ger­ma­ni­ens durch die Römer bekannt gewe­sen sein, wofür die Bezeich­nung “Lauch” als ein gemein­ger­ma­ni­sches Wort spricht. Hoops (Waldb. 1905, S. 643) weist auf eine Ver­wen­dung des Lauchs (Knob­lauchs?) zu dia­gnos­ti­schen Zwe­cken in der nor­di­schen Wund­heil­kun­de des 11. Jahr­hun­derts hin, wovon in der Sage König Olafs des Hei­li­gen berich­tet wird. “Nach der Schlacht bei Stik­lar­sta­di am 31. August 1030 bega­ben sich eini­ge ver­wun­de­ten Krie­ger zu einer in der Nähe woh­nen­den heil­kun­di­gen Frau, um sich von ihr die Wun­den ver­bin­den zu las­sen. Nach­dem sie die Wun­den gerei­nigt hat­te, gab sie ihnen Knob­lauch und ande­re Kräu­ter zu essen, um durch den Lauch­ge­ruch zu erken­nen, ob die Wun­de in den Unter­leib ein­ge­drun­gen sei oder nicht.” Wie die meis­ten Pflan­zen, die einen star­ken Geruch haben, galt der Knob­lauch als dämo­nen­ab­weh­ren­des Mit­tel. So heißt es in der älte­ren Edda im Lie­de von Sig­r­drifa: “Die Fül­lung seg­ne vor Gefahr Dich zu schüt­zen /​ Und lege Lauch in den Trank.” Kon­rad von Meg­gen­berg nennt ihn in sei­nem “Buch der Natur” den The­ri­ak der Bau­ern, der die Brust und Stim­me stär­ke, die Ver­dau­ungs­tä­tig­keit des Magens kräf­ti­ge und die üble Wir­kung schäd­li­cher Geträn­ke im Magen verhindere.
Noch heu­te wird der Knob­lauch viel ver­wen­det, z. B. gegen Zahn­weh, und im Züri­cher Ober­lan­de geben die Heb­am­men den in Milch gesot­te­nen Knob­lauch als wehen­för­dern­des Mit­tel. In Bul­ga­ri­en ißt man den jun­gen Knob­lauch roh, und zwar von dem Sten­gel zur Zwie­bel, was angeb­lich gesün­der sein soll. Auch benutzt man gewis­se Pas­ten als Brot­auf­strich, die aus gemah­le­nen Nüs­sen, etwas Öl und gerie­be­nem Knob­lauch bestehen. In der Pro­vence wird Knob­lauch­but­ter gele­gent­lich zum Essen ser­viert, die­se nennt man Ail­lo­li. Als Sym­pa­thie­mit­tel wird er haupt­säch­lich gegen Gelb­sucht gebraucht, und zwar nicht nur in Euro­pa, son­dern selbst auf Kuba.
Die Anbau­flä­chen von Alli­um sati­vum wer­den anschei­nend von Wür­mern und Ker­fen gemieden.