Wirkung
Die Haselwurz wurde schon von Paracelsus1 geschätzt, der sie u. a. als Pflaster beim Sausen der Schläfenadern benützte.
Lonicerus2 führt sie als gutes Diuretikum, mildes Purgans, Emmenagogum und Fiebermittel an, das Niere und Blase stärken, Leber und Milz öffnen, milder als die Weiße Nieswurz reinigen und gegen Hydrops, Ikterus, Asthma und Husten dienlich sein soll. Er erwähnt allerdings auch, daß es “unwillen und speien” errege und Schwangeren schädlich sei.
“Das Bauersvolk hat kein besser Arznei fürs kalte oder anstoßende Fieber,” schreibt Matthiolus3, als die Haselwurz, die durch Stuhlgang “bißweilen auch oben auß”, Schleim und Galle austreibe. Äußerlich stärke sie, den Kopf damit gewaschen, Haupt und Hirn und vertreibe Hornhautflecken.
v. Hallers Ansicht4 über die Arzneikraft der Haselwurz geht dahin, daß sie “wassersüchtigen und phlegmatischen Leuten vornemlich tauge” und daß ihre starke eröffnende Kraft auch in Brustzuständen wohl zustatten komme; außerdem empfiehlt er sie gegen Uterusbeschwerden.
Wechselfieber, Hydrops, hartnäckige Gicht und Amenorrhöe führt Hecker5 als Indikationen von Asarum europaeum an; in kleinen Dosen (0,03–1,2 g) könne sie die Ipecacuanha als krampfstillendes Mittel ersetzen. Äußerlich diene sie als Niesmittel.
Osiander6 erwähnt die Haselwurz als Brechmittel,
Clarus7 als Brech- und Abführmittel.
In kleineren Dosen wird Asarum auch gegen Hydrops gebraucht8.
Auch in der heutigen deutschen Volksmedizin benützt man die Brechwirkung namentlich gegen Trunksucht und gibt die Wurzel außerdem gegen Intermittens, als Diuretikum und Abortivum9.
Über die Verwendung in der russischen Volksmedizin gibt W. Demitsch10 folgende Übersicht:
“Der Haselwurz wird schon in den Kräuterbüchern des St. Hasttowt als ein Heilmittel, welches harntreibend und abführend wirkt, erwähnt. – Nach Subow soll die Asarumtinktur gegen Folgezustände des Quartanfiebers, wie Verhärtung der Milz und Leber dienlich sein. – Bei Falk (Beiträge zur topographischen Kenntnis des russischen Reichs, Bd. II, S. 183, St. Petersburg 1785–1786) findet sich die Notiz, daß die Wurzel unserer Pflanze früher überall als Abführ- und Präventivmittel im Anfangsstadium von Krankheiten im Gebrauch und in den Moskauer Kräuterbuden feil war, was natürlich ihren Mißbrauch begünstigte. – In Kleinrußland waschen sich die Frauen den Kopf mit einer Abkochung der ganzen Pflanze zur Beförderung des Haarwuchses. – S. Parpura (De remediorum domesticorum usu atque praestantia, Diss. Mosquae 1830) zählt dieselbe zu den Emeticis: ‘Asar. Europaeum L. omnibus fere Ipecacuanhae virtutibus instructa.’ – Krebel (Volksmedizin und Volksmittel verschiedener Völkerstämme Rußlands, Skizzen. Leipzig und Heidelberg 1858) führt das Asarum europaeum als ein Abführmittel und als ein im Gouvernement Nowgorod bei Kehlkopfentzündungen gebrauchtes Mittel an. – Nach Smirnow (Moskauer medicinische Zeitung 1858, Nr. 21, S. 167–172) ist es ein Volksmittel gegen Skrofulose. Er habe selbst die Pflanze drei Jahre dagegen versucht und bemerkt, daß sie auf das System der Lymphgefäße und Drüsen wohltätig einwirke. Die Wurzel sei der wirksamste Teil der Pflanze. Doch hat Smirnow das Asarum europaeum nicht allein, sondern in folgender Kombination gebraucht: Rp. Rad. et Herbae Asari europ., Putamin. Nucum. Jugland. aa 4,0, Rad. Valerianae 15,0. M.f. species. – Im Gouvernement Woronesch legt man frische Asarumblätter auf Wunden (N. Taratschkow, Aus den Reisenotizen bei botanischen Exkursionen im Gebiete des Gouvernements Woronesch. Woroneschskaja Besjeda 1861, S. 241.) – Im Gouvernement Smolensk wird die gepulverte Wurzel bei Fieber eingenommen. Die Wirkung ist hier eine emetische (W. Deriker, Zusammenstellung von Volksheilmitteln, die in Rußland von Zauberern gebraucht werden, S. 57, St. Petersburg 1866). – Im Gouvernement Jaroslaw wird im Anfang der Angina eine Wurzelabkochung mit etwas Kochsalz getrunken, bis Erbrechen erfolgt. Ferner nimmt man die pulverisierte Asarumwurzel (0,3 g auf einmal) bei Lumbago und Ischias ein, was Übelkeit, Erbrechen, reichliche Harn- und Kotentleerung zur Folge hat (Deriker, vgl. oben). – Im Gouvernement Kiew bedient man sich einer Abkochung von Asarum europaeum zum Waschen des Gesichts, wenn dasselbe mit Aknepusteln bedeckt ist. – Im Gouvernement Perm wird eine Abkochung von der ganzen Pflanze bei Fieber, Brust- und Rückenschmerzen getrunken. Äußerlich verwendet man dieselbe zu Kataplasmen auf Panaritien und entzündete Mammae (P. Krilow, Als Volksheilmittel gebräuchliche Pflanzen im Gouvernement Perm. Arbeiten der Naturforscher-Gesellschaft bei der Universität Kasan, Bd. V, H. II, Kasan 1876). – In Kleinrußland behandelt man Kopfschmerzen mit Umschlägen aus der gekochten Wurzel. Die Pflanze wird ferner als Anthelmintikum und gegen die Trunksucht gegeben. – In Sibirien behandelt man damit nach Werbitzki mit Erfolg manche Kinderkrankheiten. – Im Gouvernement Grodno dient sie als Emetikum und zur Behandlung des Fiebers und der Pilzvergiftungen (Annenkow, Botanisches Lexikon, S. 391, St. Petersburg 1878). – Romanowski (Anti-Cholera-Volksmittel, Wratsch 1885, Nr. 23) zählt die Pflanze zu den Mitteln, welche vom Volke bei Cholera und bei verschiedenen Krankheiten des Magendarmkanals innerlich angewandt werden. – Nach Gornitzki wird in der Ukraine ein Wurzelaufguß der Pflanze zur äußeren Behandlung der veralteten Flechten und Geschwüre, die getrockneten pulverisierten Blätter als Schnupfpulver bei Schnupfen und Augenkrankheiten benutzt.
In der tschechoslowakischen Volksmedizin wendet man die Haselwurz vielfach gegen Schüttelfrost an, in Wein mit Honig gekocht bei Leberkrankheiten und Wassersucht. Das Dekokt wird bei Tuberkulose eingenommen11.
Wie Stephenson und Churchill12 berichten, wird Asarum in England hauptsächlich als Schnupfmittel zur Erhöhung der Sekretion der Nasenschleimhäute und zur Ableitung bei Kopf‑, Zahn- und Augenschmerzen gebraucht.
Leclerc13 beobachtete deutliche expektorierende Wirkungen der Tinktur, die er in Gaben von 2–4 g täglich verschrieb.
In der Homöopathie14 wird Asarum bei nervösen Reizerscheinungen wie Kopfschmerzen mit Übelkeit, nervösem Erbrechen, Hysterie, bei fieberhaften Erkrankungen mit Frostgefühl, fiebrigen chronischen Erkrankungen des Verdauungstraktus mit Durchfällen und krampfartigen Darmschmerzen und bei Blasenkrampf angewandt.
Das in der Haselwurz enthaltene Asaron (Haselwurzkampfer15 hat rein emetische Wirkung, während das außerdem darin aufgefundene Rohöl Hyperämie sämtlicher Organe, Entzündung der Nieren und des Uterus und Abortus bewirkt16.
Das Asaron erregt nicht nur Erbrechen und Gastroenteritis, sondern auch eine erysipelatöse Schwellung und Rötung der äußeren Haut selbst bei innerer Darreichung17.
Das Asaron verschwindet beim Trocknen allmählich18. Der Wurzelstock enthält ferner ätherisches Öl und ein Glykosid19.
Nach den Erfahrungen von Brissemoret und Combes20 beruht der durch die Haselwurz ausgeübte Brechreiz auf einer bestimmten lokalen Reizung des Asarons. Régimbeau21 vergleicht es direkt mit dem Emetin.
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Dänemark: Als Emetikum und Expektorans, bei Ikterus, Hydrops und Menstruationsbeschwerden; äußerlich als Kopfwaschmittel zur Stärkung des Gedächtnisses.
Italien: Als Niesmittel gegen Kopfschmerzen.
Litauen: In sehr geringen Mengen wird das Kraut in den Schnaps zur Alkoholentwöhnung getan.
Polen: Als Emetikum und Expektorans.
Ungarn: Als Laxans, gegen Ikterus, Milzleiden und Wassersucht.