Ger­hard Mad­aus: Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heil­mit­tel. Ver­lag Georg Thie­me, Leip­zig, 1938
(Ori­gi­nal, voll­stän­dig erhal­ten) – bei eBay zu ver­kau­fenRezen­si­on 1938, Archiv der Pharmazie

Rosa centifolia und Rosa damascena – Seite 2 von 4 – Monographie Madaus

Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heilmittel
Mono­gra­phie Rosa cen­ti­fo­lia und Rosa dama­s­ce­na (Sei­te 2 von 4)
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Botanisches:

Rosa cen­ti­fo­lia ist im Ori­ent hei­misch und wohl von Per­si­en und Baby­lo­ni­en über Ägyp­ten nach Alt­grie­chen­land und Alt­ita­li­en gelangt und seit­dem in vie­ler­lei For­men gezüch­tet wor­den. Sie bil­det einen 1–3 m hohen Strauch mit kah­len, bräun­li­chen Ästen. Wäh­rend die jun­gen grü­nen Äst­chen nur mit klei­nen Sta­cheln besetzt sind, tra­gen die grö­ße­ren Zwei­ge zahl­rei­che stär­ke­re und schwä­che­re Sta­cheln. Die­se sind schwach zurück­ge­bo­gen, an ihrer Basis breit und seit­lich zusam­men­ge­drückt. Die Blät­ter ste­hen auf drü­sig-bors­ti­gen Stie­len, die fast sta­chel­los sind. Die Blät­ter sind gefie­dert. Die obe­ren bestehen aus drei, die unte­ren meist aus fünf, zuwei­len aus sie­ben Blätt­chen. Die­se sind eiför­mig oder ellip­tisch-oval und unter­seits weich­haa­rig. Der Rand ist ein­fach gesägt und drü­sig. Die nicken­den Blü­ten ste­hen zu zwei bis drei auf ziem­lich lan­gen Stie­len, die wie der Kelch mit gestiel­ten roten Drü­sen besetzt sind. Die Staub­ge­fä­ße und die äuße­ren Frucht­blät­ter sind zu Kro­nen­blät­tern umge­wan­delt, wodurch die Blü­te “gefüllt” ist. Die Far­be der Blü­ten ist milch­weiß oder rosa­rot bis pur­pur­rot. Die eiför­mi­gen Schein­früch­te gelan­gen meis­tens nicht zur Aus­bil­dung, da der Unter­kelch nach dem Ver­blü­hen rasch ver­welkt und abfällt. Um den Wohl­ge­ruch der Blü­ten zu erhö­hen, wur­de frü­her neben die Rose Knob­lauch gepflanzt. Blü­te­zeit: Juni.

Gar­ten­ro­se
(etwa nat. Gr.)
Rosa cen­ti­fo­lia
Rosaceae
Rosa dama­s­ce­na hat im Unter­schied zu R. cen­ti­fo­lia zahl­rei­che und star­ke Sta­cheln, die sich auch an den Blatt­stie­len fin­den. Ihre Knos­pen sind läng­lich, wäh­rend die der R. cen­ti­fo­lia eiför­mig sind. Die Kelch­röh­re ist ver­län­gert und die Kelch­zip­fel sind zurück­ge­schla­gen. Auch sie hat im Ori­ent ihre Heimat.

Geschichtliches und Allgemeines:

Die Kul­tur der Rose, der Köni­gin der Blu­men, wie schon Sap­pho sie nennt, hat wohl mit den Indo­ger­ma­nen aus deren Urhei­mat ihren Tri­umph­zug über die Erde ange­tre­ten. Unzäh­li­ge anti­ke Sagen knüp­fen sich an ihre Ent­ste­hung. Nach einer Über­lie­fe­rung soll die Rose als Über­bleib­sel des ers­ten Mor­gen­ro­tes auf der Erde zurück­ge­blie­ben, nach einer ande­ren zugleich mit Aphro­di­te dem Meer­schaum ent­spros­sen sein. Jeden­falls hat die Schön­heit und Anmut der Blü­ten schon in ältes­ter Zeit die Bewun­de­rung und Auf­merk­sam­keit der ver­schie­de­nen Völ­ker erregt und auch die Ver­wen­dung der Blü­ten­blät­ter zu kos­me­ti­schen, diä­te­ti­schen und medi­zi­ni­schen Zwe­cken ver­an­laßt. In Per­si­en wur­den Rosen­gär­ten (gulista­ne) schon im frü­hes­ten Alter­tum gehal­ten. Chi­ne­si­sche und Sans­krit-Schrif­ten wis­sen von dem Wohl­ge­ruch der Blü­ten viel zu berich­ten, und das durch Ver­men­gung der Blät­ter mit Fett gewon­ne­ne Rosen­öl spiel­te im Reli­gi­ons­kul­tus bei Bal­sa­mie­run­gen aller Art eine gro­ße Rol­le. So berich­tet bereits die Ili­as, daß Aphro­di­te den Leich­nam Hek­tors mit Rosen­öl salb­te. Bei den Ägyp­tern gal­ten die Rosen als Uni­ver­sal­mit­tel. Hero­dot, der von einer sech­zig­blät­te­ri­gen Rose, ver­mut­lich der Rosa cen­ti­fo­lia, schreibt, rühmt die wun­der­vol­len Rosen­gär­ten des Königs Midas in Thra­ki­en. Der Name Rosa cen­ti­fo­lia fin­det sich zuerst bei Theo­phrast und Pli­ni­us. Bei den grie­chi­schen und römi­schen Ärz­ten gal­ten die Rosen als küh­len­des und adstrin­gie­ren­des, daher aus­trock­nen­des Mit­tel. Dio­s­ku­r­i­des emp­fiehlt die Abko­chung der tro­cke­nen, in Wein gekoch­ten Blät­ter gegen Kopf‑, Augen‑, Ohren‑, Zahnfleisch‑, After- und Gebär­mut­ter­schmer­zen und gibt genaue Anwei­sung zur Her­stel­lung eines Rosen­öles (nicht des destil­lier­ten Öles, son­dern eines stark aro­ma­ti­sier­ten fet­ten Öles) und von Rosen­pas­til­len. Nach Cel­sus wur­de das Rosen­öl beson­ders gegen Gebär­mut­ter­lei­den zur Her­stel­lung von Mut­ter­zäpf­chen ver­wen­det. Der ara­bi­sche Rha­zes bezeich­ne­te den Rosen­ho­nig als Anti­aphro­di­sia­kum. Der zu Anfang des 12. Jahr­hun­derts in Kon­stan­ti­no­pel leben­de Arzt Johan­nes Actua­ri­us ist einer der ältes­ten Schrift­stel­ler, der das destil­lier­te Rosen­was­ser erwähnt. Er emp­fahl es gegen Augen­krank­hei­ten und den Rosenöl­zu­cker als inner­li­ches Hilfs­mit­tel. Eine Abschei­dung von Rosen­öl und Rosen­was­ser wur­de in Euro­pa erst nach 1580 durch Ros­si und Por­ta bemerkt. Berühmt waren nach Athe­nae­us die Rosen von Samos, wel­che zwei­mal im Jah­re blüh­ten und wohl mit der Rosa dama­s­ce­na iden­tisch sind. Bis in das 17. Jahr­hun­dert hat Per­si­en den Han­del mit Rosen­was­ser und Rosen­öl beherrscht. Sehr rasch ver­brei­te­te sich dann die Rosen­kul­tur und Rosen­in­dus­trie nach Indi­en, Ara­bi­en, Tunis, Algier, Marok­ko, Klein­asi­en, Bul­ga­ri­en und nach der Tür­kei. In Frank­reich und Deutsch­land begann die Kul­tur der Rosen zur Gewin­nung des Öles (von Rosa dama­s­ce­na) erst im 19. Jahrhundert.
Die Blu­men­blät­ter von Rosa cen­ti­fo­lia, Peta­la Rosae cen­ti­fo­li­ae, die auch heu­te noch in der Volks­heil­kun­de bei Diar­rhöe, Ruhr, Blut­hus­ten und Lun­gen­lei­den gebraucht wer­den, decken haupt­säch­lich den deut­schen medi­zi­ni­schen Bedarf an Rosen­blät­tern, wäh­rend die Peta­la Rosae dama­s­cenae in Frank­reich gebräuch­lich sind. Aus den pul­ve­ri­sier­ten Blü­ten­blät­tern wird ein Kin­der­pu­der hergestellt.