Meerzwiebelsquille

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Meer­zwie­bels­quil­le, Scil­la mari­ti­ma, L. [Zorn, pl. med. tab. 380.] mit nack­ten Blu­men­de­cken und mit in einem Gelenk auf­wärts gebo­gnen Deck­blätt­chen, ein an den san­di­gen Ufern von Krain, der Nor­man­die, Si-cili­en, Spa­ni­en, Por­tu­gall, Syri­en und dem nörd­li­chen Afri­ka woh­nen­des, mehr­jäh­ri­ges Kraut, wel­ches im Ern­de­mo­nat weiß blüht.

Die etwa faust­gro­ße und grö­ße­re läng­lich­te Zwie­bel (Scil­la, Squil­la, Rad. Scil­lae, Squil­lae) ist äußer­lich gewöhn­lich roth, inner­lich weiß­gilb­lich, aus vie­len Lagen flei­schi­ger Häu­te zusam­men­ge­setzt, geruch­los, und frisch, von sehr schar­fem, bren­nen­dem, ekel­haft bit­term, lang­an­hal­ten­dem Geschma­cke. So ganz bekömmt man sie zuwei­len geschickt aus Spa­ni­en und Nato­li­en, und sie erhält sich in die­ser Ver­fas­sung lan­ge Zeit frisch und sehr wirksam.

Man hat eine (äußer­lich) wei­ße Sor­te (Rad. Scil­lae albae maj.) wel­che klei­ner und weni­ger kräf­tig ist. Oft kömmt sie aber aus­ein­an­der geblät­tert zu uns, in läng­lich­ten, zwei Zoll lan­gen, wei­ßen, erhab­nen, horn­ar­tig durch­sich­ti­gen, trock­nen Schup­pen von blos ekel­haft bit­term Geschma­cke. Die gro­ße Schär­fe der fri­schen Zwie­bel, die auf der Haut Bla­sen zie­hen kann, geht im Trock­nen ganz verloren.

Die noch gan­ze Zwie­bel wird, um sie zum Pül­vern trock­nen zu kön­nen, (sie ver­liert im Trock­nen vier Fünf­tel) aus ein­an­der geblät­tert und die auf Sie­ben aus­ge­brei­te­ten Schup­pen auf einem Back­ofen oder in der Wärm­stu­be dür­re gemacht. Noch geschwin­der und leich­ter wird sie getrock­net, wenn man sie, noch ganz, que­er­durch in dün­ne Scheib­chen schnei­det, und, wie gesagt, trock­net (Scil­la sic­ca­ta). Bei der alten, jetzt ver­worf­nen Art, buk man sie, in Brod­teig ein­ge­hüllt, im hei­ßen Back­ofen (Scil­la coc­ta) ent­we­der ganz, um ihr, wie man wähn­te, die Schär­fe zu beneh­men und die Blät­ter dann, ein­zeln an Fäden gereiht, in der Luft zu trock­nen, oder indem man die aus­ein­an­der geblät­ter­ten fri­schen Schup­pen in Teig ein­ge­wi­ckelt, so lan­ge im hei­ßen Ofen ließ, bis alle Feuch­tig­keit davon war. Mit die­ser Feuch­tig­keit zog sich aber auch die meis­te Kraft in den Teig, und das Mit­tel ward unwirksam.

Das Trock­nen an der Luft ist unrath­sam, weil sie ohne beträcht­li­che Wär­me (wenigs­tens 160° bis 180° Fahr.) schimmelt.

Nur die wohl­ge­trock­ne­te Squil­le kann gepül­vert wer­den, aber nur in klei­nen Por­tio­nen, weil sie als Pul­ver bald unkräf­tig wird, außer in wohl­ver­stopf­ten Glä­sern. Die Squil­le besteht fast blos aus einer gro­ßen Men­ge Schleim, wor­in der eigent­lich wirk­sa­me Theil, ein höchst bit­te­res Harz, fast unab­scheid­bar ein­ge­wi­ckelt ist. Daher zieht der Wein­geist nur sehr wenig aus, und vom Was­ser wird sie fast ganz, blos mit Hin­ter­las­sung der häu­ti­gen Thei­le, zu einem zähen, trü­ben Schlei­me auf­ge­löst. Nur bei lang fort­ge­setz­ter, gelin­der Hit­ze läßt sich hier­aus das Extrakt (Extr. Scil­lae) ein­di­cken; es brennt sehr leicht an.

Die Auf­lö­sung in Essig (Acet. scil­lit.) und in Wein (Vinum scil­lit.) sind fast eben so schlei­mig und kön­nen blos durch­ge­preßt, aber nicht durch­ge­sei­het wer­den. Am wenigs­ten schlei­mig und am kräf­tigs­ten ist die roth­brau­ne Tink­tur, wel­che ent­steht, wenn man die gepül­ver­te Squil­le, mit einer kon­zen­trir­ten Po-tasch- oder Ammo­ni­ak­lau­gen­salz­auf­lö­sung durch­kne­tet, und dann mit Wein­geist gemischt, durch­sei­het. Die Squil­le erregt Aengst­lich­keit, Ekel, auch wohl Bre­chen und Pur­gi­ren; sie treibt die Harn­or­ga­ne zur Thä­tig­keit und beför­dert die Abson­de­rung des Brust­schleims. Man hat sie in Geschwuls­ten und Ver­schlei­mung der Lun­gen sehr dien­lich gefun­den, wo trä­ger Blut­lauf zum Grun­de lag und noch Kör­per­kräf­te genug vor­han­den waren. Im ent­ge­gen­ge­setz­ten Fal­le scha­det sie, so wie sie über­haupt die Ver­dau­ungs­kräf­te schwächt, zu Krämp­fen dis­po­nirt und die Skir­rhen leicht bös­ar­tig macht. Sie erregt die Monat­zeit und den Goldaderfluß.

Das Pul­ver ist die kräf­tigs­te Form zu einem vier­tel bis zu etli­chen weni­gen Gra­nen; der Meer­zwie­bel­es­sig macht mehr Aengst­lich­keit und Uebel­keit als die andern Prä­pa­ra­te; doch thut dieß auch der Meer­zwie­bel­wein; den Meer­zwie­bel­es­sig­ho­nig zieht man in die­ser Absicht vor.