Milchmandelbaum

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Milch­man­del­baum, Amyg­da­lus com­mu­nis, L. [Zorn, pl. med. tab. 301.] mit dop­pel­ten Blüt­hen aus­ge­schnit­te­nen Blu­men­kron­blät­tern und säge­ar­tig gezahn­ten, gestiel­ten Blät­tern, deren unte­ren Zäh­ne mit Drü­sen besetzt sind, ein im süd­li­chen Euro­pa und schon fast am Rhein ein­hei­mi­scher Baum, wel­cher sehr zei­tig im Früh­lin­ge weiß­röth­lich blüht.

Die süßen Man­deln (Amyg­dalae dul­ces) sind der süß­lich­t­ö­li­ge Samen­kern, von einer glat­ten, har­ten, durch­lö­cher­ten Schaa­le ein­ge­schlos­sen, wel­cher ein zähes, trock­nes, mit einer wol­li­gen Haut bedeck­tes Fleisch zur Hül­le hat. Sie müs­sen zu arz­nei­li­chem Gebrau­che ganz, nicht run­ze­licht, oder zer­bro­chen und wurm­sti­chig seyn; letz­te­re sind alle­mal ran­zig von Geschmack und untaug­lich. An der Grö­ße liegt wenig.

Man bedient sich ihrer ent­we­der durch Abbrü­hen mit kochen­dem Was­ser ihrer äußern Scha­le beraubt und mit Was­ser zur Man­del­milch (emul­sio amyg­da­li­na) gerie­ben Emul­si­on, oder zur Berei­tung des Man­del­öls (Ol. amygd. dulc.) mit­telst des Aus­pres­sens, wozu die unab­ge­schäl­ten gesto­ße­nen Man­deln ange­wen­det wer­den. Mit Hül­fe der Hit­ze aus­ge­preßt, geben sie wenigs­tens 2/​5 Oel. Man zieht aber das blos kalt aus­ge­preß­te zu arz­nei­li­chen Absich­ten vor, weil es nicht so leicht ran­zig wird. Doch ist dem Apo­the­ker nicht zu ver­ar­gen, wenn er die eiser­nen Preß­plat­ten dazu vor­her in kochen­des Was­ser legt, und sie mög­lichst heiß dar­in wer­den läßt. So geben sie 3/​11 ihres Gewich­tes eines gilb­li­chen, etwas trü­ben, süß­lich­ten, ganz mil­den Oels, wel­ches an gutem Geschma­cke alle and­re aus­ge­preß­ten Oele über­trifft, und bei etwa 10° Fahr. Käl­te gerinnt. Die nicht ganz frisch gesam­mel­ten, etwa ein hal­bes Jahr alten Man­deln geben das meiste.

Man bedient sich des­sel­ben inner­lich, um Schär­fen (in der Brust, dem Darm­ka­na­le, und den Harn­we­gen) ein­zu­wi­ckeln, und and­re Schmer­zen zu lindern.

Die Man­del­milch ist ein näh­ren­des, schmei­di­gen-des, ange­neh­mes Getränk. Die Magen schwä­chen­de Eigen­schaft der­sel­ben so wie des Oels wird oft bei anhal­ten­dem Gebrau­che sichtbar.

Die von einem Aeus­sern ganz ähn­li­chen Bau­me gesam­mel­ten bit­tern Man­deln (Amyg­dalae ama­rae) geben beim Aus­pres­sen ein völ­lig glei­ches Oel an Geschmack und an Kräf­ten, wie die süßen Man­deln, aber nur 1/​4 ihres Gewichts. Es wird weni­ger leicht ran­zigt. Die besond­re, gro­ße Arz­nei­kraft der­sel­ben liegt größ­tent­heils in ihrem grau­brau­nen Ober­häut­chen. Es ist der soge­nann­te Bit­ter­man­del­stoff, wel­cher in den Kirsch- und Pfir­sich­ker­nen, so wie in den Lor­beer­kirsch­blät­tern, herr­schend ist. Sie geben (vor­züg­lich die Kleie davon) in der wäs­se­ri­gen Destil­la­ti­on ein Was­ser und äthe­ri­sches Oel, wel­ches von dem aus den Lor­beer­kirsch­blät­tern gar nicht ver­schie­den ist. Man hat sich der bit­tern Man­deln als eines Harn­trei­ben­den Mit­tels, gegen Wech­sel­fie­ber, und in der Lun­gen­ent­zün­dung bedient.

Der Rest von der Aus­pres­sung des Oels aus den süßen, vor­züg­lich den bit­tern Man­deln, die Man­del­kleie (Fur­fur Amyg­da­larum amararum) dient als Schön­heits­mit­tel mit Was­ser zum Waschen, womit sie wie Sei­fe schäumt.

Das aus der Rin­de zuwei­len drin­gen­de Gum­mi (Gum­mi amyg­da­li) ist von andern Gum­mi­ar­ten, nament­lich von dem Kirsch­gum­mi, nicht ver­schie­den, obgleich ehe­dem gegen Blut­spei­en und Blut­har­nen gelobt.