Monographie Ginseng radix (Ginsengwurzel), Teil 3

Radix ginsengBefun­de der expe­ri­men­tel­len Pharmakologie

Adaptogene Effekte

Unter den soge­nann­ten “adap­to­ge­nen Effek­ten” ver­steht man die unspe­zi­fi­sche Erhö­hung der kör­per­ei­ge­nen Abwehr gegen­über exo­ge­nen Noxen und Stres­so­ren phy­si­ka­li­scher, che­mi­scher und bio­lo­gi­scher Natur. Ein Adap­to­gen soll unschäd­lich sein und unab­hän­gig von der Art des patho­lo­gi­schen Zustands nor­ma­li­sie­rend auf die Kör­per­funk­tio­nen wir­ken [31, 32, 33]. Als Wirk­me­cha­nis­men wer­den zum einen neu­ro­en­do­kri­ne Wir­kun­gen der Gin­se­no­si­de (Hypo­tha­la­mus-Hypo­phy­sen-Neben­nie­ren­rin­den-Sys­tem), zum ande­ren direk­te Akti­vie­run­gen deto­xi­fi­zie­ren­der Enzym­sys­te­me oder immun­mo­du­la­to­ri­sche Wir­kun­gen dis­ku­tiert [34].

In-vitro-Unter­su­chun­gen.

Zell­kul­tu­ren:

Einer Kul­tur von ano­xi­schen und reoxy­ge­nier­ten Rat­ten­herz­zel­len (Ischä­mie­mo­dell) wur­de 1 h vor Ver­suchs­be­ginn ein Gemisch der Gin­se­no­si­de Rb, Rg und Ro in den Kon­zen­tra­tio­nen 83 und 250 μg/​mL zuge­setzt. In Refe­renz­an­sät­zen wur­de den Kul­tu­ren Pro­pra­no­lol (10–5 mol/​L) und Ver­a­pa­mil (10 –7 mol/​L) zuge­setzt. Die als Maß der durch die Ano­xie bewirk­ten Schä­den gemes­se­ne LDH-Frei­set­zung war im Ver­suchs­an­satz mit 83 μg Ginsenosidgemisch/​mL im Ver­gleich zur unbe­han­del­ten Kon­trol­le signi­fi­kant stär­ker gehemmt (p  0,01). Die Hem­mung ent­sprach sowohl bei den ano­xi­schen (Frei­set­zungs­hem­mung um 32%) als auch bei den reoxy­ge­nier­ten Myo­cy­ten (Frei­set­zungs­hem­mung um 27%, p  0,05) in etwa der durch die Refe­renz­sub­stan­zen bewirk­ten Hem­mung [35]. Der Zusatz von 250 μg Ginsenosiden/​mL hin­ge­gen erhöh­te die LDH-Frei­set­zung um 18%. Bei Ver­ab­rei­chung eines Rb+Ro-Gemisches (83 μg/​mL) wur­de eben­falls eine signi­fi­kan­te Hem­mung (Frei­set­zungs­hem­mung um 25%, p  0,05) der LDH-Frei­set­zung beob­ach­tet. Das Gin­se­no­sid Rg, in der glei­chen Kon­zen­tra­ti­on zuge­setzt, zeig­te kei­nen Ein­fluß. Für die Poly­ace­tyl­e­ne Pana­xy­nol, Pana­xy­dol und Pana­xy­tri­ol (Gin­se­no­si­de iso­liert aus Rotem Gin­seng, Pana­xy­dol syn­the­ti­siert) wur­de in vitro eine beson­ders gegen Krebs­zel­len ver­schie­dens­ter Her­kunft (MK‑1, B‑16, L‑929) gerich­te­te cyto­to­xi­sche Akti­vi­tät nach­ge­wie­sen [36]. Die EC50-Wer­te der drei Poly­ace­tyl­e­ne gegen­über MK-1-Zel­len (in Nackt­mäu­se trans­plan­tier­ba­re mensch­li­che Magen-Ade­no-Car­ci­nom­zel­len) und nor­ma­len MRC-5-Zel­len (Fibro­blas­ten mensch­li­cher Embryo­nen) im Ver­gleich: Pana­xy­nol: 0,027 bzw. 17,1 μg/​mL; Pana­xy­dol: 0,016 bzw. 11,5 μg/​mL; Pana­xy­tri­ol: 0,171 bzw.>70 μg/​mL. Ein kon­ti­nu­ier­li­cher Kon­takt zwi­schen den Poly­ace­tyle­nen und den Ziel­zel­len war für die Wachs­tums­in­hi­bie­rung nicht not­wen­dig. Bei höhe­ren Kon­zen­tra­tio­nen basier­te die Wachs­tums­hem­mung auf einem cyto­to­xi­schen, bei nied­ri­ge­ren Kon­zen­tra­tio­nen auf einem cyto­sta­ti­schen Effekt.

Iso­lier­te Organe:

Am iso­lier­ten Lan­gen­dorff-Herz von Rat­ten wur­de der Ein­fluß der Gin­se­no­sid­ver­ab­rei­chung auf Schä­di­gun­gen durch Ano­xie­streß und anschlie­ßen­de Reper­fu­si­on unter­sucht [35]. Dem Per­fu­sat wur­den ent­we­der 41,5 μg/​mL des bereits in den Zell­kul­tur­ver­su­chen ( s. o.) ein­ge­setz­ten Gin­se­no­sid­ge­mi­sches (Rb, Rg, Ro) oder 8,3 μg/​mL eines Rb+Ro-Gemisches zuge­setzt. Gemes­sen wur­de die CPK-Frei­set­zung als Maß der Herz­mus­kel­schä­di­gung. Bei­de Gin­se­no­sid­ge­mi­sche konn­ten signi­fi­kant (p  0,05) im Ver­gleich zur Kon­trol­le die CPK-Frei­set­zung hem­men (Rb+Rg+Ro: Hem­mung um 50%; Rb+Ro: Hem­mung um 58%). Der Zusatz von Gin­se­no­sid Rg (8,3 μg/​mL) hat­te kei­nen signi­fi­kan­ten Ein­fluß auf die CPK-Frei­set­zung. In-vivo-Unter­su­chun­gen.

Tier­ver­su­che:

Ein in phy­sio­lo­gi­scher Koch­salz­lö­sung gelös­ter Gin­seng­wur­zel­tro­cken­ex­trakt (Extrak­ti­ons­mit­tel: EtOH 50% (V/​ V ), kei­ne wei­te­ren Anga­ben) wur­de über 52 Tage in zwei Dosie­run­gen (30 und 150 mg/​kg KG/​Tag p. o.) an Mäu­se ver­ab­reicht [37]. Die im Leber­ho­mo­ge­nisat bestimm­te Akti­vi­tät der Glutat­hion-S-Trans­fer­a­se wur­de um 17% bzw. 42% (p  0,05 bzw. p  0,001) und die der NADPH-Chi­non­re­duk­ta­se um 136% bzw. 100% (bei­de p  0,05) signi­fi­kant erhöht. Die Gin­seng­ver­ab­rei­chung zeig­te kei­nen Ein­fluß auf die Akti­vi­tät der mito­chon­dria­len Monoaminoxidase. 


Mono­gra­phie Panax Gin­seng radix Teil 0: Panax, Teil 1: Panax gin­seng C.A. MEY., Teil 2: Gin­seng radix (Gin­seng­wur­zel), Teil 3: Adap­to­ge­ne Effek­te, Teil 4: Phy­si­ka­li­sche Stres­so­ren, Teil 5: Che­mi­sche Stres­so­ren, Teil 6: Bio­lo­gi­sche Stres­so­ren, Teil 7: Anti-Ermü­dungs­wir­kung /​ Leis­tungs­stei­ge­rung, Teil 8: Literatur

Bild­nach­weis
• Man­fred Schüt­ze (pixelio.de, 89946).
Zitiert nach
Quellenangabe

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