Befunde der experimentellen Pharmakologie
Chemische Stressoren
Chemische Stressoren. Bei Ratten, denen über einen Zeitraum von 6 Tagen anstatt Trinkwasser 12%iger Ethanol mit 0,1% (m/ V) Sapongingemisch (Präparation aus 4 Jahre alten Ginsengwurzeln, keine weiteren Angaben) ad libitum verabreicht worden war, wurde die Aktivität der hepatischen alkoholmetabolisierenden Enzyme (ADH, AlDH, MEOS-mikrosomales ethanoloxidierendes System) sowie die Hepatocytenmorphologie untersucht. Gemessen wurde eine Stimulierung der ADH-Aktivität um 33% im Vergleich zur Trinkwasser-Kontrollgruppe und um 7% im Vergleich zur Ethanol-Kontrollgruppe sowie eine Verringerung des Aktivitätsabfalls der AlDH von 27% in der Ethanol-Kontrollgruppe auf 15% in der Versuchstiergruppe. Die MEOS-Aktivität wurde um 52% gesteigert (Ethanol-Kontrollgruppe: 7%). Die Ergebnisse wurden nicht statistisch ausgewertet. Elektronenmikroskopische Untersuchungen der Hepatocytenmorphologie von behandelten Ratten zeigten, daß die für die EtOH-Kontrollgruppe typischen morphologischen Veränderungen wie geschwollene, zerstörte Mitochondrien und geweitetes, vaskularisiertes ER stark reduziert waren [47].
Einmalig 200 mg/kg KG p. o. eines Ginsengextraktes (Wasserdampfextraktion eines Pulvers aus roten Ginsengwurzeln, keine weiteren Angaben) verringerte die Ethanolkonzentration im Plasma von Ratten, denen im Anschluß an die Ginsengverabreichung EtOH 50% (V/V) (3,2 g/kg KG p. o.) verabreicht worden war, im Vergleich zur Kontrollgruppe (21%ige Verringerung der Fläche unter der Plasma-Konzentration-Zeitkurve). Bei i. p. Ethanolverabreichung (1,5 g/kg KG, im Anschluß an Ginsengverabreichung) wurde kein Unterschied zwischen Kontrollen und Versuchstieren gezeigt [48].
Bei chronischer (60 Tage 5%ige Ethanollösung anstelle von Trinkwasser) sowie bei akuter Ethanolbehandlung von Mäusen (i. p. Applikation von 0,2 mL einer 25%igen EtOH-Lösung nach Saponinverabreichung) wird nach einmaliger i. p. Injektion von 4 mg/kg KG eines mit n ‑Butanol ausgezogenen Ginsengwurzelextrakts (Gesamtsaponinfraktion, keine weiteren Angaben) eine signifikante Verringerung der Ethanolkonzentration im Blut beschrieben (p 0,01) [49]. Die Blutalkoholkonzentrationen bei chronischer Ethanolgabe wurden in der Ginsenggruppe gegenüber denen der EtOH-Kontrollgruppe um 30%, bei der akuten Ethanolintoxikation um 53% gesenkt. Die Aktivität der Leberalkoholdehydrogenase war bei akuter EtOH-Behandlung in der Ginsenggruppe im Vergleich zur EtOH-behandelten Kontrollgruppe um ca. 10% erhöht (EtOH-Kontrollgruppe: Im Vergleich zur unbehandelten Kontrollgruppe um 43% erhöhte Werte, Ginsenggruppe: Um 52% erhöhte Werte). Die Aktivität des mikrosomalen EtOH-oxidierenden Systems wurde sowohl bei akuter (EtOH-Kontrollgruppe: 33%, Ginsenggruppe: 46%; jeweils p 0,05) als auch bei chronischer EtOH-Intoxikation (EtOH-Kontrollgruppe: 50%, Ginsenggruppe: 86%, jeweils p 0,01) signifikant erhöht. 1,6 g/kg KG p. o. wiederholt verabreichter methanolischer Ginsengextrakt (keine näheren Angaben) soll die durch akute Ethanolvergiftung (50% EtOH p. o., 8 h nach letzter Ginsengverabreichung) hervorgerufene Lipidperoxidbildung (TBA-Test, s. Lit. [16]) um 55% inhibieren, was im Leberhomogenat von 12 h nach Ethanolapplikation getöteten Mäusen gezeigt wurde [16]. Untersucht wurde auch die Hemmung der Lipidperoxidation durch gereinigte Fraktionen des Extraktes (1. etherlösliche, saure Fraktion; 2. etherlösliche, neutrale Fraktion; 3. butanollösliche, glykosidische Fraktion; 4. wasserlösliche, polare Fraktion) sowie durch gereinigte phenolische Inhaltsstoffe der etherlöslichen, sauren Fraktion (p-Cumarsäure, Salicylsäure, Vanillinsäure). Für die etherlösliche, saure Fraktion sowie für die n-Butanolfraktion (jeweils 0,1 mg/10 g KG/Tag p. o. für 3 Tage) wurde eine 62%ige bzw. eine 58%ige Hemmung der Lipidperoxidbildung bestimmt. Die etherlösliche, neutrale Fraktion sowie die wasserlösliche Fraktion zeigten keine Wirkung. Durch die Verabreichung von 0,33 mg/10 g KG/Tag Salicylsäure über 3 Tage wurde der Lipidperoxidgehalt der Mäuseleber um 53% im Vergleich zur unbehandelten Kontrollgruppe reduziert. 0,33 mg/ 10 g KG/Tag Vanillinsäure verringerte den Lipidperoxidgehalt um 43%. p-Cumarsäure erwies sich als wirkungslos. Signifikanzen wurden nicht berechnet. Für die durch Kristallisation gereinigten Ginsenoside wurden keine entsprechenden Ergebnisse gezeigt. Diskutiert wird, daß nicht die Ginsenoside für die antioxidativen Effekte der Droge verantwortlich sind, sondern die phenolischen Substanzen [16].
Monographie Panax Ginseng radix Teil 0: Panax, Teil 1: Panax ginseng C.A. MEY., Teil 2: Ginseng radix (Ginsengwurzel), Teil 3: Adaptogene Effekte, Teil 4: Physikalische Stressoren, Teil 5: Chemische Stressoren, Teil 6: Biologische Stressoren, Teil 7: Anti-Ermüdungswirkung / Leistungssteigerung, Teil 8: Literatur