Myrobalanen

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Myro­ba­la­nen (Myro­ba­l­a­na, Myro­ba­lan­o­rum quin-que spe­ci­es) sind ost­in­di­sche, flei­schicht tro­cke­ne Früch­te, wel­che einen Kern­nuß ent­hal­ten, und von den Ara­bern als Laxir­mit­tel dem Arz­nei­vor­ra­the auf­ge­drun­gen wor­den sind; mit der größ­ten Unwahr­schein­lich­keit wer­den sie von einem und dem­sel­ben Bau­me hergeleitet.

Die Bel­li­ri­schen (Myro­ba­l­a­na bel­li­ri­ca) haben einen dicken Stiel, eine grau­brau­ne Far­be, die Gestalt einer Mus­ka­ten­nuß, und sind fünf­kan­tig. Das herb­bit­ter, hin­ten­nach etwas süß­licht schme­cken­de Fleisch ist bis auf die hell­far­bi­ge Kern­nuß eine Linie dick. Die Ara­ber nann­ten sie Bel­le­re­gi. Der Baum, der sie trägt, soll asch­grau­lich­te, denen des Loor­lor­bers ähn­li­che Blät­ter haben; sei­ne Blü­t­he hat ver­muth­lich fünf Staubwege.

Die asch­far­bi­gen (Myro­ba­l­a­na embli­ca, Arab. Am-legi) sind fast rund, sechs­kan­tig, etwas über einen hal­ben Zoll dick, schwärz­licht asch­far­big, und ent­hal­ten unter einem zähen schärf­licht­her­ben Flei­sche eine sechs­eckig dreizel­li­ge, leich­te, hell­fär­bi­ge Kern­nuß. Doch fin­det man sie auch in schwärz­lich­ten Stü­cken. Der hohe Baum, der sie trägt, ist Phyl­lan­thus Embli­ca. L. [Zorn, pl. med. tab. 347.] mit gefie­der­ten, blüt­hen­tra­gen­den Blät­tern, baum­ar­ti­gem Sten­gel, und beer­ar­ti­ger Frucht, auf Mala­bar, Zey­lon, u.s.w. einheimisch.

Die gro­ßen, schwarz­brau­nen (Myro­ba­l­a­na Che­bu-la, Arab. Heli­le­gi Kebu­li) sind fast birn­för­mig, fünf-rib­big, zehn­strie­fig, und ent­hal­ten unter einem runz­lich­ten, äußer­lich schwarz­brau­nen, inwen­dig dun­kel-rothen, schlei­mig herb­bit­tern Flei­sche eine runz­lich­te, fäche­ri­ge Kern­nuß. Der drei bis vier Klaf­tern hohe, vor­züg­lich in Decan und Ben­ga­len ein­hei­mi­sche Baum hat denen des Citron­baums ähn­li­che Blät­ter, und wei­ße, ähren­för­mi­ge Blüt­hen: Ter­mi­na­lia Che­bu­la, Retz. mit eiför­mi­gen, nack­ten, oben mit zwei Drü­sen besetz­ten Blät­tern, und ein­fa­chen Blüthentrauben.

Die gel­ben (Myro­ba­l­a­na citri­na, lutea, fla­va, Arab. Aza­sar) sind läng­licht­rund, birn­för­mig, fünf­vier­tel Zoll lang und drei Vier­tel Zoll dick, und ent­hal­ten unter einem fünfrib­bi­gen, zehn­strie­fi­gen, andert­halb Lini­en dicken, gum­mi­cht­zä­hen, herb­bit­tern, Flei­sche eine ecki­grunz­lich­te Kern­nuß. Der vor­züg­lich um Goa wach­sen­de Baum soll denen des Vogel-beers­pier­lings ähn­li­che Blät­ter haben; sei­ne Blü­t­he hat ver­muth­lich fünf (oder zehn) Staubwege.

Die india­ni­schen, (Myro­ba­l­a­na inda, nigra, Da-maso­nia, Arab. Asuar) sind die kleins­te Sor­te, etwa drei Vier­tel Zoll lang und einen Vier­tel­zoll dick, schwarz, achtstrie­fig, vier­rib­big, tie­frunz­licht, (unreif?) in der Mit­te kern­los, hohl, von säu­er­lich her­bem Geschma­cke. Der Baum soll wei­den­ähn­li­che Blät­ter haben; sei­ne Blü­t­he hat ver­muth­lich vier oder acht Staubwege.

Es ist unbe­greif­lich, wie man die­se fünf ver­schied-nen Früch­te zusam­men als ein ein­zel­nes Arz­nei­mit­tel gebrau­chen konn­te, denn man ver­schrieb sie fast immer zusam­men; selt­ner die gro­ßen schwarz­brau­nen, oder die gel­ben allein. Auch ist es noch gar nicht aus­ge­macht, wel­che unter ihnen laxi­ren­de Kräf­te haben, und wel­che nicht. Die asch­far­bi­gen und die india­ni­schen schei­nen am wenigs­ten davon zu besit­zen. Man lobt zugleich ihre anstrin­gi­ren­de Kraft, wel­che aber unter ihnen hat hier­in den Vorzug?

Man hat sie als eine nicht schwä­chen­de Laxanz im Auf­gus­se ange­wen­det, wo man zugleich stär­ken woll­te, in Bauch­flüs­sen, der Ruhr u.s.w. Im Absu­de sol­len sie wirk­sa­mer den Leib eröff­nen, roh aber als Pul­ver und gerös­tet blos anhal­ten. Man kann sie entbehren.