Skammonienwinde

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Skam­mo­nien­win­de, Con­vol­vu­lus Scam­mo­ni­um, L. [Zorn, pl. med. tab. 214] mit pfeil­för­mi­gen, hin­ter­wärts abge­stutz­ten Blät­tern, und rund­li­chen, gewöhn­lich drei­blüt­hi­gen Blu­men­stie­len, ein vier bis fünf Fuß hohes klet­tern­des Kraut mit peren­ni­ren­der Wur­zel, in der Levan­te ein­hei­misch, wel­ches in unsern Gär­ten wohl fort­kömmt, und im July röth­lich oder blaß­gelb blüht.

Man sam­melt im Juny den Milch­saft aus der von Erde ent­blöß­ten, und schief abwärts durch­schnit­te­nen Wur­zel in einem unter­ge­setz­ten Geschir­re, und läßt ihn von selbst an der Luft ein­trock­nen zu dem Gum­mi­har­ze, wel­ches Skam­mo­ni­um genannt wird, wenigs­tens geschieht dieß mit dem theu­ers­ten, Alep­pi­schen (Scam­mo­ni­um de Alep­po, s. Alep­pen­se) wel­ches von den Land­leu­ten umher, beson­ders bei Marasch, vier Tage­rei­sen von Alep­po, gesam­melt wird, und in gro­ßen, leich­ten, schwam­mi­ch­ten, löche­ri­gen, doch fest zusam­men­hän­gen­den, äus­ser­lich etwas asch­grau­en und etwas gelb­li­chen, inner­lich grau­schwärz­lich­ten und glän­zen­den Mas­sen, von ekel­haf­tem Geru­che, und anfangs unmerk­li­chen, dann eini­ger­ma­sen vitrio­l­ar­tig wid­ri­gem, bit­ter­lich bei­ßen­dem Geschma­cke, über Mar­seil­le oder Lon­don zu uns gebracht wird. Es läßt sich in den Hän­den leicht zu einem weiß­grau­lich-ten Pul­ver zer­rei­ben, hin­ter­läßt bei der Berüh­rung mit nas­sen Fin­gern eine wei­ßen Fleck und löset sich in Stück­chen zer­brö­ckelt leicht in Was­ser zu einer grün­li­chen Milch auf. Es soll über die Hälf­te durch Wein­geist aus­zieh­ba­res Harz enthalten.

Das weit wohl­fei­le­re smyr­ni­sche, ver­muth­lich durch Aus­pres­sen die­ses und ähn­li­cher Kräu­ter berei­te­te Skam­mo­ni­um (Scam­mon. de Smyr­na) ist weit fes­ter, schwär­zer, schwe­rer und von weit gerin­ge­rer Güte. Es kömmt aus Kapadocien.

Das Antio­chi­sche soll, obgleich die Alten es allen andern vor­zo­gen, der Ver­si­che­rung nach, jezt doch noch schlech­ter seyn und einen bränz­lich­ten Geruch haben; und so will man noch eine and­re india­ni­sche Sor­te haben, wel­che grau, leicht, zart, zer­brech­lich und ein künst­li­ches Pro­dukt seyn soll.

Man hat die­sem schon sehr alten Pur­gir­mit­tel in den mitt­lern Zei­ten sehr nacht­hei­li­ge Wir­kun­gen ange­dich­tet, die wohl mehr vom unrech­ten Gebrau­che am unschick­li­chen Orte und der all­zu­gro­ßen Gabe her­rühr­ten. Die­se such­te man durch aller­lei thö­rich­te Vor­rich­tun­gen zu bes­sern. Man löse­te es in ver­schie­de­nen Frucht­säf­ten und Dekok­ten auf, son­der­te die über­ste­hen­de, milch­ar­ti­ge Brü­he vom Boden­sat­ze ab, und dick­te ers­te­re wie­der ein (Dia­gry­di­um, Diacry-dium, oder viel­mehr Dacrydi­on cydo­nia­tum, rosa-tum, gly­cyrrhiza­tum), ver­ließ aber, der feuch­ten­den Eigen­schaft eines sol­chen Extrak­tes wegen, die­se Methoden.

Man brei­te­te dage­gen das fein gesto­ße­ne Skam­mo­ni­um über einem Bogen mit Nadeln durch­lö­cher­tem Papie­re, wel­ches auf einem Haar­sie­be lag, aus, hielt etwa eine Vier­tel­stun­de lang ange­zün­de­ten Schwe­fel dar­un­ter, und rühr­te das Pul­ver von Zeit zu Zeit um. Die­ses geschwe­fel­te Skam­mo­ni­um (Dia­gry­di­um, Diacrydi­um; Dacrydi­on sulp­hura­tum) hielt man nun für ver­bes­sert, und weni­ger fähig, schlim­me Wir­kun­gen zu erre­gen. Nun sind aber die­se spie­len­den Küns­te­lei­en, wel­che wohl das Mit­tel unkräf­ti­ger machen, ihm aber kei­ne vor­züg­li­chen Eigen­schaf­ten mitt­hei­len kön­nen, von dem ver­nünf­ti­gern Thei­le der Aerz­te bei­sei­te gesetzt und man hält sich blos an das rei­ne fein­ge­pül­ver­te Skam­mo­ni­um, wel­ches mit etwas Zucker oder Man­deln abge­rie­ben, zu drei bis zehn Gran als ein Pur­gir­mit­tel ver­ord­net wird, doch noch immer ohne bestimm­ten Zweck, da die Ei-gent­hüm­lich­kei­ten die­ser Sub­stanz noch gar nicht bekannt sind. Es ist leicht­auf­lös­lich im Magen, und der Geschmack ist sehr erträglich.