Tragantbocksdorn

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Tra­gant­bocks­dorn, Astra­g­alus cre­ti­cus, Tour­nef. [Tour­nef. Voy.I. tab. 64] mit lan­zet­för­mi­gen, spit­zi­gen, weiß­haa­ri­gen Blätt­chen, wel­che kür­zer als die Dor­nen sind und rau­hen Blu­men­stie­len; ein etwa zwei bis drei Fuß hoher Strauch auf dem Ber­ge Ida in Can-dien mit klei­nen wei­ßen pur­pur­strei­fi­gen Blumen.

Aus dem Stam­me und den dickern Aes­ten dringt vom Monat Juni­us an und die fol­gen­den Paar Mona­te in wurm­för­mig und band­ar­tig zusam­men­ge­dre­he­ter Gestalt und in unförm­li­chen Klümp­chen von selbst ein schlei­mi­ger Saft, das Tra­gant­gum­mi (Gum­mi Tra­ga­cant­hae), wel­cher bald an der Luft ver­här­tet, und von den Hir­ten auf die­sem Ber­ge gesam­melt und an die Kauf­leu­te ver­han­delt wird, von wo aus wir es gewöhn­lich über Livor­no erhal­ten, in Stück­chen von gedach­ter Gestalt, von milch­wei­ßer, etwas durch­schei­nen­der Far­be, ohne Geschmack und Geruch. In kal­tes Was­ser geweicht, schwillt es unge­mein auf, läßt sich aber dar­in nie bis zur völ­li­gen Durch­sich­tig­keit auf­lö­sen, eine Auf­lö­sung, die nicht eher klar wird, als bis sich ein leich­ter, stär­ke­mehl­ar­ti­ger Boden­satz dar­aus nie­der­ge­senkt hat, wel­cher sich jedoch in der Koch­hit­ze zur opal­ar­ti­gen Durch­sich­tig­keit in dem übri­gen Schlei­me auf­lößt, wie gewöhn­li­ches Stär­ke­mehl thun wür­de. Fast unter allen bekann­ten Gum­mi­ar­ten hat die­ses die stärks­te Schleim­kraft. Vier Skru­pel bil­den in 32 Unzen Was­ser auf­gelößt, einen Schleim von Sirups­kon­sis­tenz, wozu vier Unzen ara­bi­sches Gum­mi nöthig seyn wür­de; die Schleim­kraft des Tra­gant­gum­mis ist daher vier und zwan­zig Mahl stär­ker, als des ara­bi­schen. Indes­sen wol­len doch Eini­ge lez­te­res zur Misch­bar­ma­chung der Oele, der Bal­sa­me und des Queck­sil­bers mit Was­ser vorziehen.

Man bedient sich des­sel­ben theils in den tech­ni­schen Küns­ten z.B. bei Sei­den­ma­nu­fak­tu­ren, theils zu phar­ma­zev­ti­schen Absich­ten zur Berei­tung der Tro-chis­ken, u.s.w. wozu man ein Loth in zehn Unzen war­men Was­ser mit­telst mehr­stän­di­ger Diges­ti­on auf­lö­sen läßt, theils aber auch wie­wohl nicht häu­fig zu arz­nei­li­chem Behu­fe, und gie­bt es, am bes­ten in Pul­ver oder zu Bis­sen gebil­det, zur Abstümp­fung ver-schied­ner Reit­ze bei Hus­ten, Hei­ser­keit, Reitz von Nie­ren- oder Gall­stei­nen, bei Harn­stren­ge, sym­pto­ma­ti­schen Durch­fäl­len, ver­schluck­ten mecha­nisch reit-zen­den, und ent­zün­de­ten Sub­stan­zen u.s.w. äus­ser­lich als Schleim bei trock­ner Augen­ent­zün­dung, oder als Pul­ver auf­ge­streut in näs­sen­de, emp­find­li­che Geschwü­re. Zur Ver­bin­dung der Pil­len­mas­se ist der Tra­gant­sch­leim nur dann rath­sam, wenn die Pil­len gleich ver­braucht wer­den; sonst wer­den sie zu hart und all­zu schwer­auf­lös­lich in den ers­ten Wegen.

Ob man gleich das wei­ße Tra­gant­gum­mi als die bes­te Sor­te (Tra­ga­can­tha elec­ta) vor­zu­zie­hen hat, so ist doch das grau­licht­wei­ße und gilb­li­che, sobald es die übri­gen Zei­chen der Güte hat, nicht zu ver­wer­fen, weil alles wei­ße beim Auf­be­wah­ren von selbst gilb­licht wird.

Nur das in dun­kel­far­bi­gen, mit Unrei­nig­keit ver­misch­ten Stü­cken (Gum­mi Tra­ga­cant­hae in sor­tis) wel­ches auch zuwei­len Gum­mi de Bass­o­ragenannt wird, ist untaug­lich und in Apo­the­ken unzulässig.

Ehe­dem glaub­te man, das Tra­ganth­gum­mi rüh­re von dem im süd­li­chen Euro­pa, in Frank­reich und Ita­li­en ein­hei­mi­schen Strau­che, dem Astra­g­alus Tra­ga-can­tha, L. [Zorn, pl. med. tab. 487] her; jezt weiß man aber, daß die­ser nie und an kei­nem Orte Gum­mi ausschwitzt.