Weinstein

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Wein­stein (Tar­ta­rus) ist das in dem Mos­te ver-schied­ner Obst­säf­te, vor­züg­lich aber im Wein­beer­mos­te ent­hal­te­ne, bei der Weingäh­rung theils in den Hefen sich nie­der­schla­gen­de, theils auch nach­ge­hends bei Auf­be­wah­rung des schon fer­ti­gen Weins an den innern Wän­den der Fäs­ser als eine har­te Salz­krus­te sich anle­gen­de, säu­er­li­che, unrei­ne Salz, wel­ches in sei­nem rohen Zustan­de, je nach­dem es aus rothen Wei­nen sich abge­son­dert hat, den schmut­zig röth­li­chen Wein­stein, oder den schmut­zig wei­ßen (tar­ta­rus cru­dus ruber, albus) aus blan­ken Wei­nen dar­stellt. Aus die­sem rohen Mate­ri­al wird er zum Behu­fe der Arz­nei rein aus­ge­zo­gen und von den aus­zug­ar­ti­gen und erdi­gen Thei­len geschie­den in eini­gen gro­ßen Fabri­ken bei Mont­pel­lier, in Vene­dig und ehe­dem auch am Rhei­ne, mit­telst Waschen mit kal­tem Was­ser, Auf­lö­sen in sie­den­dem Was­ser, Durch­sei­hen und Raf­fi­ni­ren des grau­lich ange­schos­se­nen Pro­dukts ent­we­der durch Bei­mi­schung eines auf­ge­lö­se­ten wei­ßen, fast kalk­frei­en Thons (wie bei Mont­pel­lier) oder durch Zusatz von etwas Holz­asche und geschla­ge­nem Eiwei­ße (wie in Vene­dig), bei­des Hand­grif­fe, die sich erspa­ren las­sen, wenn man die sied­end­hei­ße Auf­lö­sung des grau­en Sal­zes so oft durch gröb­lich gepül­ver­te Holz­koh­len sei­het, bis die Lau­ge was­ser­hell und farbelos durch­läuft, da sie dann bei der all­mäh­li­gen Erkal­tung in halb­durch­sich­ti­gen, wei­ßen, undeut­lich kubi­schen Krystal­len anschießt, Wein­stein­krystal­len (Crystal­li tar­ta­ri). Die­se sind das­sel­be Salz, als die oben auf der Gaar­lau­ge ent­ste­hen­de Krus­te, die man ehe­dem vor­zugs­wei­se Wein­stein­rahm (Cre­mor tar­ta­ri) nann­te. Jetzt wer­den wie bil­lig unter die­sem Nah­men die gepül­ver­ten Wein­stein­krystal­len gege­ben, die mit jener Salz­haut gemein­schaft­lich den Nah­men, gerei­nig­ter Wein­stein (Tar­ta­rus depur­a­tus) füh­ren, und völ­lig von glei­cher Beschaf­fen­heit sind.

Die­ser gerei­nig­te Wein­stein ist ein über­sau­res Neu­tral­salz aus drei Thei­len Wein­stein­säu­re und einem Thei­le Pota­schlau­gen­salz zusam­men­ge­setzt, von küh­lend säu­er­li­chem Geschma­cke, wel­ches bei einer Tem­pe­ra­tur von 50° Fahr. in 160, bei 65° in 108, und bei der Sie­de­hit­ze in 22 Thei­len Was­ser auf­lös­lich, bei Glü­he­hit­ze einen säu­er­lich ste­chen­den, und bränz­licht rie­chen­den, stark rußen­den Rauch von sich gie­bt, dann mit Flam­me brennt und eine Koh­le hin­ter­läßt, aus der das im Wein­stein vor­han­de­ne Lau­gen­salz mit Was­ser aus­zu­zie­hen ist.

Da man die Gaar­lau­ge bei sei­ner Raf­fi­na­ti­on in den Fabri­ken immer in kup­fer­nen Kof­fe­in anschie­ßen läßt, so wird, wenn lez­te­re zuwei­len nicht ganz blank gescheu­ert waren, der Wein­stein nicht sel­ten kup­ferhal-tig, eine gefähr­li­che Bei­mi­schung, die sich durch Schüt­teln und Auf­lö­sen der gepül­ver­ten Krystal­len in luft­sauerm Ammo­ni­ak­lau­gen­sal­ze (gemei­nem Sal­mi­ak­geis­te) durch die blaue Far­be wahr­neh­men läßt. Da jedoch auch, betrüg­li­cher­wei­se, wohl­fei­ler Vitriol­wein­stein unter den Wein­stein­rahm gemischt wer­den soll, so kann man die Bei­mi­schung jenes und ähn­li­cher zuge­füg­ten Sal­ze ent­de­cken, wenn man z.B. 1000 Gran des ver­däch­ti­gen Wein­steins unter ste­tem Umrüh­ren, auf einem irde­nem Scher­bel zu Asche ver­brennt, die­se mit kon­zen­trirter rei­ner Essig­säu­re sät­tigt, das Salz ein­dickt und nun in höchst rek­ti­fi­zir­tem Wein­geis­te auf­lößt. Die bei die­ser Auf­lö­sung sich abson­dern­den Sal­ze las­sen sich dann fer­ner che­misch aus­fin­dig machen. Von rei­nem unver­fälsch­tem Wein­stei­ne blei­ben kei­ne zurück, und unter den Erden gewöhn­lich nur etwas Kalk­er­de, die bei dem fran­zö­si­schen Wein­stei­ne ihren Ursprung von dem zur Raf­fi­na­ti­on genom­me­nen, nicht ganz kalk­frei­en Tho­ne entlehnt.

Als Arz­nei betrach­tet bleibt der Wein­stein ein ange­neh­mes und sehr hülf­rei­ches Mit­tel, die Ener­gie des Her­zens und der Schlag­adern abzu­span­nen, sehr zuver­läs­si­ge, obgleich wäs­se­ri­ge Aus­lee­run­gen durch den Stuhl in der Gabe von eini­gen Quent­chen zu erre­gen, und wo die­se nicht erfol­gen, doch durch Harn und Schweiß zu wir­ken, über­haupt aber in Gall­krank­hei­ten meh­re­rer Art, vor­züg­lich wo rein ent­zünd­li­che Zustän­de vor­wal­ten und in ähn­li­chen Was­ser­such­ten, Manien, u.s.w. sich hülf­reich zu erzeu­gen. Sein lang anhal­ten­der, oder doch öfters wie­der­hol­ter Gebrauch, selbst in klei­nen Gaben, schwächt aber die Ver­dau­ungs­werk­zeu­ge ungemein.

Aus­ser­dem wird er noch in vie­len Küns­ten genutzt.

Wird die Ver­koh­lung des Wein­steins über frei­em Feu­er in irde­nen Retor­ten unter­nom­men, und die Vor­la­ge mit der Hülfs­röh­re (gezeich­net unter Sal­mi­ak­geist), ange­kit­tet, so ent­wi­ckelt sich eine gro­ße Men­ge brenn­ba­res und luft­saures Gas, wel­ches durch die Hülfs­röh­re ent­weicht, und in der Vor­la­ge fin­det sich nächst dem schwar­zen, bran­di­gen Oele (bränz­lich­tes Wein­stein­öl, Ole­um tar­ta­ri foet­idum, s. empy­reu­ma­ti­cum) wel­ches ehe­dem zu äus­serm Gebrau­che, zur Auf­lö­sung har­ter Geschwüls­te, zur Ein­rei­bung in gich­t­i­sche und gelähm­te Glie­der, zur Rei­ni­gung fau­ler Geschwü­re und zu Krätz­sal­ben (empi­risch) gebraucht ward, auch eine Art schwa­cher, kla­rer, bränz­licht rie­chen­der Holz­säu­re, der Wein­stein­geist (Spi­ri­tus tar­ta­ri, Aci­dum tar­ta­ri destil­la­tum, s. empy­reu­ma­ti­cum, aci­dum pyrot­ar­ta­ro­sum) wel­cher schnell von dem Oele abge­schie­den wer­den muß, weil er sonst des lez-teren viel auf­lößt und einen bit­tern Geschmack erhält. Vor sich wie­der über­ge­trie­ben gie­bt er den rek­ti­fi­zir-ten Wein­stein­geist (Spi­ri­tus tar­ta­ri rec­ti­fi­ca­tus), den man in ältern Zei­ten für ein eröf­nen­des, Schweiß, Harn und Monat­zeit trei­ben­des Mit­tel, auch in Läh­mun­gen und der Gelb­sucht für dien­lich hielt; er kömmt noch zur Zusam­men­set­zung eini­ger phar­ma­zeu­ti­schen For­meln, und muß daher nicht von Dro­gui-sten (in oft sehr gewäs­ser­tem Zustan­de) gekauft, son­dern selbst vom Apo­the­ker ver­fer­tigt wer­den – wozu man auch rohen Wein­stein neh­men kann.

Der koh­licht­schwam­mi­ge Rück­stand in der Retor­te wird im Schmelz­tie­gel oder, bes­ser, im frei­en Flam­men­zu­ge bis zur Wei­ße geglü­het, gepül­vert und mit destil­lir­tem Was­ser aus­ge­laugt. Die durch­ge­sei­he­te und bis zur Tro­cken­heit unter Umrüh­ren ein­ge­dick­te Lau­ge gie­bt dann ein sehr rei­nes Gewächs­lau­gen­salz (Wein­st­ein­salz, Wein­stein­lau­gen­salz, Sal tar­ta­ri, Alca­li tar­ta­ri), wel­ches aber vor dem aus der Pota­sche gezo­ge­nem rei­nem Lau­gen­sal­ze kei­ne merk­li­chen Vor­zü­ge hat (Pota­schlau­gen­salz unter Potasche).

Die­ses so wie jenes Gewächs­lau­gen­salz muß hart getrock­net, und noch heiß in ver­stopf­ten Fla­schen auf­be­wah­ret wer­den, sonst zieht es Feuch­tig­keit aus der Luft an und zer­fließt zu einer dick­li­chen Flüs­sig­keit (die man unschick­lich zer­flos­se­nes Wein­stein­öl Ole­um tar­ta­ri per deli­qui­um, bes­ser zer­flos­se­nes Wein­stein­lau­gen­salz, Liqua­men salis tar­ta­ribenennt; unter Pota­schlau­gen­salz) da in dem­sel­ben sich gewöhn­lich noch 15/​100 kaus­ti­sches, d.i. nicht mit Luft­säu­re gesät­tig­tes, also zer­fließ­ba­res Lau­gen­salz befinden.

Die Alten nutz­ten die­sen kaus­ti­schen Therl des Wein­stein­lau­gen­sal­zes und löse­ten ihn in Wein­geis­te auf zur Wein­st­ein­salz­tink­tur, oder Wein­stein­tink­tur (Tinc­tu­ra tar­ta­ri s. salis tar­ta­ri Hel­mon­ti­a­na). Zu die­ser Absicht glü­he­ten und schmol­zen sie das Wein­stein­lau­gen­salz so lan­ge im Tie­gel, bis es eine grü­ne, ins Blaue spie­len­de Far­be erlangt hat­te, stie­ßen es, noch heiß, im hei­ßen Mör­sel, tru­gen es noch mög­lichst warm in eine Fla­sche, wor­in sich höchst rek­ti­fi­zirter Wein­geist befand, und erhiel­ten die Mischung unter öfterm Umschüt­teln so lan­ge in Diges­ti­on, bis der Wein­geist eine schö­ne rothe Far­be erlangt hatte.

Da aber blos das kaus­ti­sche Gewächs­lau­gen­salz in Wein­geist auf­lös­bar ist und sich mit lez­term zur Wein­stein­tink­tur ver­bin­det, so umgeht man schick­li­cher die­ses Schmel­zen des Pota­schlau­gen­sal­zes vor sich (wobei, wenn der Tie­gel ein gewöhn­li­cher irde­ner war, immer ein gro­ßer Theil der Kie­sel­er­de des San­des im Gefä­ße mit auf­ge­lö­set, auch wohl der Tie­gel durch­bohrt wird) indem man ein mit leben­di­gem Kalk völ­lig kaus­tisch gemach­tes Pota­schätz­salz, oder den Aetz­stein (w.s.) in einem glü­hen­den Tie­gel erhitzt, ihn, im hei­ßen Mör­sel gepül­vert, noch mög­lichst warm in vier Thei­le des ent­wäs­serts­ten Wein­geis­tes in einen Kol­ben trägt, und die­sen, mit ange­kit­te­tem Hel­me und Vor­la­ge ver­se­hen, in einer Sand­ka­pel­le drei bis vier Tage lang einer gemä­sig­ten Diger­ir­wär­me aus­setzt, bis der Wein­geist eine dun­kel roth­brau­ne Far­be erlangt hat. Die­se Wein­stein­tink­tur ist an Arz­nei­kräf­ten allen andern ähn­li­chen Tink­tu­ren z.B. der schar­fen Spieß­glanz­tink­tur, der Metall­tink­tur u.s.w. (unter Spieß­glanz) völ­lig an die Sei­te zu set­zen und für den Arzt ihrer ein­fa­chen Zube­rei­tung wegen emp­feh­lungs­wert­her. Ihre Arz­nei­kräf­te sehe man bei Spieß­glanz­tink­tur (unter Spieß­glanz) nach.

Indes­sen führt die­se Flüs­sig­keit den Nah­men der Wein­stein­tink­tur jezt nur sehr unei­gent­lich, da zu ihrer Berei­tung kein theu­rer Wein­stein unnüt­zer­wei­se mehr zu Wein­stein­lau­gen­salz ver­brannt, son­dern immer nur gerei­nig­tes Lau­gen­salz aus Pota­sche dazu ver­wandt wird, wie billig.

Mit dem mög­lichst gerings­ten Ver­lus­te läßt sich der gerei­nig­te Wein­stein in sei­ne zwei Bestandt­hei­le, Gewächs­lau­gen­salz und Wein­stein­säu­re völ­lig zer­le­gen, wenn man zwei Pfund frisch­ge­brann­ten und mit wenig Was­ser zu unfühl­ba­rem Pul­ver gelösch­ten Kalk mit sie­ben Pfund Wein­stein und einer hin­rei­chen­den Men­ge Was­ser eini­ge Stun­den nach ein­an­der kocht, und das Gemisch durch Lein­wand sei­het, da dann die hell durch­ge­lau­fe­ne Lau­ge bei ihrer Ein­di­ckung das ätzen­de Gewächs­lau­gen­salz des Wein­steins, der Satz im Fil­t­rum aber den soge­nann­ten Wein­steinsel­emit lie­fert, aus wel­chem die rei­ne Wein­stein­säu­re von der damit ver­bun­de­nen Kalk­er­de durch Diges­ti­on mit Vitri­ol­säu­re abzu­schei­den ist.

Gewöhn­lich pflegt man aber die­sen Weg zur Abschei­dung der Wein­stein­säu­re nicht zu wäh­len, son­dern nimmt lie­ber eine mil­de Kalk­er­de zu die­sem Behuf e.

Zwei Pfund von den eisen­schüs­si­gen Adern gesäu­ber­te und fein gepül­ver­te Krei­de wird, um alles Sal­zi­ge aus­zu­zie­hen, wohl mit Was­ser aus­ge­kocht, dann aber nach Abgie­ßung die­ses Was­sers mit zehn Pfund rei­nem, sie­den­dem Was­ser in einem zin­ner­nen Kes­sel über gelin­des Feu­er gesetzt. Nun trägt man unter bestän­di­gem Umrüh­ren so lan­ge wohl­ge­pül­ver­te Wein-stein­krystal­len hin­zu, bis wei­ter kein Auf­brau­sen zu spü­ren ist, wozu man etwa sie­ben Pfund der lez­tern braucht. Man nimmt den Kes­sel vom Feu­er und schüt­tet das Gan­ze in einen Aus­sü­ßungs­topf (an wel­chem meh­re­re Löcher über ein­an­der ange­bracht sind, mit höl­zer­nen Stöp­seln ver­schlos­sen). Wenn sich alles zer­setzt hat, so läßt man die Flüs­sig­keit (wel­che abge­dampft tar­ta­ri­sir­ten Wein­stein lie­fert) durch eine der Sei­ten­öf­nun­gen des Top­fes rein ablau­fen süßet den Satz, wel­ches der Kalk­wein­stein (Wein­steinse­le-nit, wein­st­ein­saurer Kalk, calx tar­tareus, sele­ni­tes tar­tareus) ist, mehr­mals mit kochen­dem Was­ser aus, bis es geschmack­los abläuft, und ver­mischt ihn in einem gro­ßen stein­zeug­nen Top­fe mit zwei Pfun­den kon­zen­trirter Vitri­ol­säu­re, die mit sechs­zehn Pfun­den Was­ser ver­düm­met wor­den. Die­se Mischung wird in gelin­de Diges­ti­on etli­che Tage hin­ge­stellt, und öfters umge­rührt, wor­auf die kla­re Flüs­sig­keit rein abge­gos­sen, und mit der­je­ni­gen, die bei Aus­pres­sung des Rück­stan­des (Gyp­ses) noch abträu­felt, ver­mischt, in einer por­zel­lai­nen oder (wie unter Abdampf­scha­len gelehrt wor­den) in einer aus­wen­dig beschla­ge­nen glä­ser­nen oder stein­zeug­nen Scha­le bei gelin­dem Feu­er bis zum Drit­tel abge­dampft und wenn nach der Erkal­tung der nie­der­ge­fal­le­ne Gyps abge­son­dert wor­den, bei einer Diges­ti­ons­wär­me voll­ends frei­wil­lig abge­duns­tet wird, bis sich ein reich­li­cher Anschuß blät­te­ri­ger und rhom­bo­ida­lisch tafel­ar­ti­ger Krystal­len mit schar­fen Spit­zen gebil­det hat, näm­lich die rei­ne, krystal­li­sir­te (wesent­li­che) Wein­stein­säu­re (Sal essen­tia-lis tar­ta­ri, Aci­dum tar­ta­ri crystal­li­sa­tum), wel­che, auf Fließ­pap­pier an der Luft zu klin­gend har­ten Krystal­len getrock­net, so gut als völ­lig frei von Vitri­ol­säu­re, wenigs­tens in arz­nei­li­cher Rück­sicht zu ach­ten ist, wäh­rend die noch damit ver­un­rei­nig­ten Krystal­len immer feucht blei­ben. Hat man aber hier­über noch Zwei­fel, das ist, zeigt wirk­lich eine Pro­be die­ses Sal­zes in Blei­sal­pe­ter­auf­lö­sung gewor­fen, einen merk­li­chen Nie­der­schlag (Blei­vi­tri­ol) oder ist aus Ver­se­hen das Salz des ers­ten Anschus­ses nicht weiß genug aus­ge­fal­len, so wird es in Was­ser auf­gelößt, und bei gelin­dem Abduns­ten in Diges­ti­ons­wär­me wie­der zur Krystal­li­sa­ti­on gebracht. Die rück­stän­di­gen Lau­gen wer­den durch fer­ne­res Abduns­ten, doch, um ihnen die brau­ne Far­be zu beneh­men, unter Zusatz von etwas Sal­pe­ter­säu­re, fer­ner­hin zum Anschie­ßen gebracht, und der Anschuß, wo nöthig, durch Wie­der­auf­lö­sen raf­fi­nirt. Man erhält wenigs­tens ein Vier­tel des Gewich­tes der dazu ange­wen­de­ten Wein­stein­krystal­len. Der Apo­the­ker darf aber nie das Ein­di­cken der Lau­ge statt des Krystal­li­si­rens wäh­len, da jenes stets ein vi-tri­ol- und essig­saures, immer feuch­ten­des Pro­dukt giebt.

Unge­ach­tet der Kalk­wein­stein vor sich ein weit unauf­lös­ba­re­res Salz ist, als der Gyps und die Abschei­dung der Wein­stein­säu­re von der Kalk­er­de des­halb durch Vitri­ol­säu­re unmög­lich schei­nen könn­te, so ändern sich doch die Wahl­ver­wand­schaf­ten gänz­lich, wenn freie Säu­re hin­zu kömmt, da dann zwar auch der Gyps auf lös­li­cher als in voll­kom­me­nem Zustan­de, der Kalk­wein­stein hin­ge­gen noch bei wei­ten auf­lös­li­cher als der Gyps wird. Die­sel­be Bewand­niß hat es mit Abschei­dung der Zucker­säu­re aus dem Sau­er­klee­sal­ze durch Kalk­er­de und Vitriolsäure.

Die Krystal­len der rei­nen Wein­stein­säu­re besit­zen einen unge­mein sau­ern, doch nicht ätzen­den Geschmack, und eine wei­ße Far­be, ver­än­dern sich nicht an der Luft und lösen sich in glei­chen Thei­len kochen­dem Was­ser auf. Ihre Auf­lö­sung darf mit der ein­ge­tröp­fel­ten sal­pe­ter­sauern Schwer­erde nach dem Umrüh­ren kei­nen wei­ßen Nie­der­schlag (wie­der­erzeug­ten Schwer­spat wel­cher 26 Pro­zent sei­nes Gewichts Vitri­ol­säu­re ver­räth) bil­den, also kei­ne Vitri­ol­säu­re ent­hal­ten. Im Feu­er ver­bren­nen sie mit dem Geru­che fast wie von gerös­te­tem Zucker gänz­lich, unter Hin­ter­las­sung von höchst wenig Asche oder Koh­le, aus der man nichts Salz­haf­tes zie­hen kann. Durch ein­ge­tröp­fel­tes Gewächs­lau­gen­salz fällt ihre Auf­lö­sung all­mäh­lich zu wie­der­erzeug­tem Wein­stei­ne nie­der. Auch aus der Ver­bin­dung mit Mine­ral­säu­ern schlägt die­se Säu­re das Gewächs­lau­gen­salz zu Wein­stein größ­tent­heils nieder.

Man hat sich ihrer mit Vort­heil als einer küh­len­den Arz­nei in Gal­len­fie­bern bedient.

Der gerei­nig­te Wein­stein bil­det mit Lau­gen­sal­zen gesät­tigt, sehr leicht auf­lös­li­che Neu­tral­sal­ze, den tar-tari­sir­ten Wein­stein, das Seig­net­tes­alz, und den Ammo­ni­ak­wein­stein, wel­che die gemein­sa­me Eigen­heit besit­zen, auf Zusatz irgend einer Säu­re, (die Luft­säu­re etwa aus­ge­nom­men) sich zu zer­set­zen, und den schwer­auf­lös­li­chen Wein­stein wie­der nie­der­fal­len zu las­sen, des ihn vor­her leicht­auf­lös­lich machen­den, und neu­tra­li­si­ren­den Lau­gen­sal­zes beraubt; ein Umstand, der dem Arzte nicht erlaubt, die­se Neu­tral­sal­ze unter flüs­si­ge Arz­nei­en zu mischen, wel­che zugleich freie Säu­re ent­hal­ten, ohne in den Ver­dacht der Unwis­sen­heit zu fallen.

Um den tar­ta­ri­sir­ten Wein­stein (Pota­schwein­stein tar­ta­rus tar­ta­ri­sa­tus, Alca­li vege­ta­bi­le tar­ta­ri­sa­tum, Kali tar­ta­ri­sa­tum, auch wohl zwei­deu­tig Sal vege­ta-bilis, wie das Potasch­essig­s­alz, und unrich­tig tar­ta­rus solu­bi­lisgenannt, ein Nah­me, der dem Ammo­ni­ak­wein­stein zukömmt) zu ver­fer­ti­gen, trägt man zu vier Pfund gerei­nig­tem, in fünf Pfund kochen­dem Was­ser auf­ge­lö­se­tem Pota­schlau­gen­sal­ze in einem über gelin­dem Feu­er ste­hen­dem Kes­sel gepül­ver­ten gerei­nig­ten Wein­stein so lan­ge in gemä­sig­ten, zulezt ganz klei­nen Por­tio­nen, bis alles Auf­brau­sen nach­läßt, und alles Lau­gen­salz gesät­tigt ist, das ist, bis ein mit Kur­ku­mä gelb gefärb­tes Papier nicht mehr braun, oder ein mit Essig­dampf gerö­the­tes Lak­mus­pa­pier nicht mehr blau wird, wozu etwa acht bis neun Pfund Wein­stein erfor­der­lich sind. Man sei­het nun die Salz­lau­ge durch, (der Satz im Fil­t­rum ist als Kalk­wein­stein zur Berei­tung der wesent­li­chen Wein­stein­säu­re zu benut­zen) und dampft sie im zin­ner­nen Kes­sel über gelin­dem Feu­er unter bestän­di­gem Umrüh­ren bis zur Kon­sis­tenz eines stei­fen Tei­ges ein, den man auf wei­ßem Papie­re über ein Sieb aus­ge­brei­tet bei Diges­ti­ons­wär­me hart trock­net, dann fein pül­vert und in ver­stopf­ten Glä­sern vor der Feuch­tig­keit der Luft als voll­kom­men neu­tral­sal­zi­gen tar­ta­ri­sir­ten Wein­stein ver­wahrt. Er schmeckt gelind sal­zig, und löset sich in zwei Thei­len sei­nes Gewich­tes kal­tem Was­ser auf, eine Auf­lö­sung, die den Rah­men Liqu­or tar­ta­ri tar­ta­ri­sa­tiführt, aber nicht so fer­tig auf­be­wahrt wer­den kann, da sie bald schim­melt und verdirbt.

Der tar­ta­ri­sir­te Wein­stein dient am schick­lichs­ten als Laxir­mit­tel, wo and­re Abfüh­rungs­mit­tel wegen über­wie­gen­der Säu­re in den ers­ten Wegen nicht wir­ken. Er ist mit Vort­heil in eini­gen Manien gebraucht wor­den, erregt aber leicht Auf­blä­hung des Unter­lei­bes und bei fort­ge­setz­tem Gebrau­che gro­ße Schwä­che der Verdauungswege.

Wird er in Krystall­ge­stalt vor­langt, so wird bei sei­ner Berei­tung etwas über­schüs­si­ges Gewächs­lau­gen­salz zuge­setzt, da dann die ver­dick­te Lau­ge bei frei­wil­li­gem Abduns­ten in vier­sei­ti­gen Pris­men anschießt, deren zwei ein­an­der schief gegen­über ste­hen­de Kan­ten abge­schärft sind, mit kur­zen End­spit­zen aus zwei fünf­sei­ti­gen Flä­chen zusam­men­ge­setzt. Auf Fließ­pa­pie­re getrock­net sind sie luftbeständig.

Löset man zwölf Pfund ein­ge­dick­ten tar­ta­ri­sir­ten Wein­stein in vier und zwan­zig Pfun­den kochen­dem Was­ser auf, oder sät­tigt, um wohl­fei­ler zu Wer­ke zu gehen, acht Pfund mit vier und zwan­zig Pfund sie­den­dem Was­ser ver­misch­ten Wein­stein­rahm mit so viel nöthig roher Pota­sche, trägt dann in eine von bei­den Lau­gen in vol­lem Ende zwan­zig Pfund krystal­li­ni-sches gepül­ver­tes Glau­ber­salz, und nimmt, wenn lez­te­res beim Umrüh­ren schnell auf­ge­lö­set wor­den, die Lau­ge vom Feu­er und läßt sie so schleu­nig als mög­lich im Kel­ler oder einem noch käl­tern Orte mög­lichst unge­rührt erkal­ten, so wird sich das Gewächs­lau­gen­salz des tar­ta­ri­sir­ten Wein­steins mit der Vitri­ol­säu­re des Glau­ber­sal­zes größ­tent­heils als Vitriol­wein­stein am Boden abge­son­dert haben, von wel­chem man die über­ste­hen­de hel­le Lau­ge abgießt und an einem tem-per­i­r­ten Orte (von etwa 75° Fahr.) unter frei­wil­li­ger Ver­duns­tung und Ein­wer­fung eini­ger Seig­net­tes­alz­krystal­len anschie­ßen läßt, da man dann einen Anschuß von gro­ßen, kur­zen, ungleich sechs­sei­ti­gen (fast vier­kan­tig schei­nen­den) Säu­len ohne End­spit­zen erhält, das Seig­net­tes­alz, (Rochel­le­salz, Soda­wein­stein, Sal Seig­net­te, s. poly­ch­restus de Seig­net­te, Sal rupel­len­sis, Soda tar­ta­ri­sa­ta), mehr als man glaubt frei von Vitriol­wein­stein, und zu allen arz­nei­li­chen Absich­ten taug­lich: (Ein Apo­the­ker zu Rochel­le, Nah-mens Seig­net­te, erfand es zuerst).

Wäh­rend der kurz­dau­ern­den Erkal­tung der ruhig und unbe­wegt blei­ben­den Lau­ge kann kein Seig­net­tes­alz anschie­ßen, wohl aber (vor­züg­lich wenn die Erkal­tung weit gedie­hen ist, wenigs­tens bis 52° Fahr.) der Vitriol­wein­stein dar­aus sich in der Maße abson­dern, daß nun von lez­term nichts wei­ter in einer wär­mern Tem­pe­ra­tur beim ers­ten Anschus­se des Seig­net-tesal­zes sich wie­der anle­gen kann. So bald jedoch Spu­ren von Vitriol­wein­stein an den Seig­net­tes­alz­kry-stal­len anzu­flie­gen anfan­gen, nimmt man den ers­ten Anschuß her­aus und bear­bei­tet die Mut­ter­lau­ge wie vor­hin, das ist, man dampft sie bei gelin­der Koch­hit­ze bis etwa zur Hälf­te ein, läßt die Lau­ge schnell und mög­lichst stark erkal­ten und bringt sie dann vom nie­der­ge­fal­le­nen Vitriol­wein­stein rein abge­gos­sen, in tem­per­ir­te Wär­me zum zwei­ten Anschus­se. Ein Hand­griff, der auch bei andern ähn­li­chen Salz­zer­set­zun­gen vor­treff­li­che Diens­te leistet.

Sonst wird noch hie und da die unmit­tel­ba­re Sät­ti­gung des Wein­steins mit gerei­nig­tem Sodal­au­gen­sal­ze zur Berei­tung des Seig­net­tes­al­zes unter­nom­men, so daß vier Pfund gerei­nig­tes Sodal­au­gen­salz in einem zin­ner­nen Kes­sel über gemä­sig­tem Feu­er in vier und zwan­zig Pfun­den sie­den­dem Was­ser auf­gelößt, und mit (etwa eilf Pfun­den) gepül­ver­ten Wein­stein­krys­tal-len der­ge­stalt gesät­tigt wer­den, daß man nicht eher eine neue Por­ti­on hin­zu trägt, als bis die ers­te­re auf­gelößt wor­den, und so lan­ge, bis der zulezt ein­ge­tra­ge­ne Theil kein Auf­brau­sen mehr erregt. Die durch-gesei­he­te Lau­ge dampft man bei gelin­dem Feu­er und unter Ein­wer­fung von etwas über­schüs­si­gem Sodal­au­gen­sal­ze (die nach­gän­gi­ge Bil­dung der Krystal­le zu beför­dern) bis zur dün­nen Sirups­di­cke ab und stellt sie in einem stein­zeug­nen Top­fe hin, zum all­mäh­li­chen Anschie­ßen. Es ent­hält etwa 18 Pro­zent Minerallaugensalz.

Das nach lez­te­rer kost­ba­rer Metho­de erhal­te­ne Seig­net­tes­alz ent­hält noch tar­ta­ri­sir­ten Wein­stein und zer­fällt an der Luft, wäh­rend das nach ers­te­rer Art berei­te­te frei­er von frem­den Sal­zen ist, und an der Luft gewöhn­lich hell bleibt.

Ueber­haupt ist das Seig­net­tes­alz von sal­zig küh­len­dem, etwas bit­term, doch noch gelin­derm Geschma­cke als selbst der tar­ta­ri­sir­te Wein­stein, mit dem es in Absicht des Behufs, als Säu­re bre­chen­des Laxir­mit­tel, über­ein­kömmt, und lez­term sogar zu die­ser Absicht in der Pra­xis noch vor­ge­zo­gen wird. Es zer­setzt sich wie der tar­ta­ri­sir­te Wein­stein auf Zusatz jeder Säu­re, fast blos die Luft­säu­re aus­ge­nom­men, und läßt den wie­der­erzeug­ten Wein­stein­rahm zu Boden fallen.

Eine ent­fern­te Aehn­lich­keit mit dem Seig­net­tes­al­ze hat der Borax­wein­stein (auf­lös­li­cher Wein­stein­rahm, cre­mor tar­ta­ri solu­bi­lis, tar­ta­rus bora­xa­tus, borax tar­ta­ri­sa­ta). Die­sen zuver­läs­si­ger zu berei­ten, als unter Borax­wein­stein ange­ge­ben wor­den, löset man drei Thei­le gepül­ver­ten Borax in sie­ben bis acht Thei-len Was­ser im Sie­den auf, und setzt all­mäh­lich so viel Wein­stein­rahm hin­zu, bis die lez­te Por­ti­on unauf­gelößt lie­gen bleibt, wozu etwa neun bis zwölf Thei­le des lez­tern gehö­ren. Man fil­trirt die Lau­ge und dickt sie in einer glä­ser­nen beschla­ge­nen (unter Abdamp­fen) oder einer por­zel­lai­ne­nen Scha­le unter ste­tem Umrüh­ren so weit ein, bis eine klei­ne auf einen kal­ten Stein geleg­te Pro­be brü­chig­hart wird, brei­tet dann die gilb­li­che, gum­mi­ar­tig zähe Mas­se auf einer stei­ner­nen Plat­te aus, pül­vert sie gleich nach dem Erkal­ten, und bewahrt sie in ver­stopf­ten Fla­schen auf. Die­ses Pul­ver feuch­tet leicht an der Luft, löset sich in wenig Was­ser auf, und hat einen sau­ern Geschmack.

Man bedient sich des­sel­ben als eines küh­len­den Mit­tels, wel­ches aber die harn­trei­ben­den Kräf­te des ein­fa­chen Wein­stein­rahms nicht äus­sern soll, wie man ver­si­chert. Die­ses Prä­pa­rat scheint zwar dadurch so leicht­auf­lös­lich zu wer­den, weil ein Theil der Säu­re des Wein­steins durch das Sodal­au­gen­salz des Borax zu einem seig­nett­ar­ti­gen Sal­ze sich ver­bin­de; indeß steht die­ser Erklä­rung die auf­fal­len­de Säu­re des Pro­dukts und der Umstand im Wege, daß die Borax­säu­re (Seda­tiv­salz) dem Wein­stei­ne selbst in sehr klei­nen Ver­hält­nis­sen zuge­setzt, lez­tern eben so leicht auf­lös­lich im Was­ser und zu wah­rem Borax­wein­stei­ne macht.

Noch sel­ten­ern Gebrauchs ist der Ammo­ni­ak­wein­stein oder soge­nann­te auf­lös­li­che Wein­stein (tar­ta­rus solu­bi­lis, tar­ta­rus solu­bi­lis ammo­nia­ca­lis), bei dem der Wein­stein­säu­re ein dop­pel­tes Lau­gen­salz, das am-monia­ka­li­sche und das vege­ta­bi­li­sche, zum Grun­de liegt. Man tra­ge in einen lang­häl­si­gen Kol­ben, wel­cher zwei Pfund destil­lir­tes Was­ser ent­hält, ein Pfund Wein­stein­rahm und ein Pfund flüch­ti­ges Sal­mi­ak­salz, ver­stop­fe die Mün­dung mit Papier und las­se ihn unter täg­lich mehr­mah­li­gem Umschwen­ken eini­ge Tage über bei gewöhn­li­cher Luft­tem­pe­ra­tur ste­hen, bis sich kei­ne Luft­bla­sen mehr ent­wi­ckeln, aber doch noch eini­ger Wein­stein­rahm am Boden liegt. (Soll­te lez­te­res nicht erfol­gen, so müß­te noch etwas Wein­stein nach­ge­tra­gen wer­den). Die­se gesät­tig­te Lau­ge wird durch-gesei­het und bei Diger­ir­wär­me in einer offe­nen Scha­le der Selbst­ver­duns­tung über­las­sen. Das zur Mas­se ein­ge­trock­ne­te, noch war­me Salz wird gepül­vert und in ver­stopf­ten Glä­sern aufbewahrt.

Setzt man aber der vor sich abduns­ten­den Lau­ge etwas über­schüs­si­ges Ammo­ni­ak­lau­gen­salz zu, so bil­det sich das Salz zu vier­sei­tig säu­len­för­mi­gen, oder schräg­wür­fe­licht pyra­mi­da­li­schen Krystal­len, wel­che aber an der Luft ver­wit­tern, meh­licht wer­den und nächst dem Krystal­li­sa­ti­ons­was­ser auch einen Theil Ammo­ni­ak ver­lie­ren. Sie müs­sen daher in wohl­ver­stopf­ten Fla­schen auf­be­wah­ret werden.

Die­ses unge­mein leicht­auf­lös­li­che Salz (des­sen leicht schim­meln­de Auf­lö­sung den Nah­men liqu­or tar­ta­ri solu­bi­lisführt) hat einen bit­tern, küh­len­den Geschmack, zer­setzt sich in der Hit­ze unter Ver­flie­gung des flüch­ti­gen Lau­gen­sal­zes, in der Käl­te aber durch jede Säu­re, die Luft­säu­re aus­ge­nom­men, und ist an Arz­nei­kräf­ten dem Ammo­ni­a­kes­sig­s­al­ze und dem Potasch­essig­s­al­ze an die Sei­te gesetzt wor­den, ohne daß man prak­ti­sche Bewei­se dafür anzu­füh­ren weiß.

Das mit der rei­nen Wein­stein­säu­re zur Sät­ti­gung ver­bun­de­ne Ammo­ni­ak­lau­gen­salz hat man Wein­st­eins­al­mi­ak (Sal ammo­nia­cus tar­ta­ri­sa­tus, Sal tar­tareus ammo­nia­ca­lis) genannt, aber eben kei­nen arz­nei­li­chen Gebrauch davon gewacht.

Bei voll­kom­me­ner Sät­ti­gung schießt es in säu­len­för­mi­gen Krystal­len an, wel­che aber schwer­auf­lös­li-cher in Was­ser als der Ammo­ni­ak­wein­stein sind, von küh­len­dem Geschmacke.

Wird aber die Wein­stein­säu­re nicht völ­lig, son­dern nur zum Theil mit flüch­ti­gem Lau­gen­sal­ze gesät­tigt, so fällt ein schwer­auf­lös­li­ches Pul­ver zu Boden, dem man den Nah­men flüch­ti­ger Wein­stein­rahm (cre­mor tar­ta­ri vola­ti­lis) gege­ben hat.

Man hat statt des Ammo­ni­ak­wein­steins in Apo­the­ken oft den tar­ta­ri­sir­ten Wein­stein gege­ben, da man doch in Deutsch­land unter tar­ta­rus solu­bi­lisden erstern meint, obgleich and­re Natio­nen blos lez­tern dar­un­ter ver­ste­hen, und um erstern zu bezeich­nen, des Aus­drucks tar­ta­rus solu­bi­lis Ger­man­o­rumsich bedie­nen. Wenn man daher nicht ein Salz erhält, wel­ches, aus­ser der Eigen­schaft, auf Zusatz von Essig­säu­re, Wein­stein nie­der­fal­len zu las­sen, auch auf Ein­tröp­fe­lung einer Pota­sch­auf­lö­sung den ste­chen­den Geruch des flüch­ti­gen Lau­gen­sal­zes ent­wi­ckelt, so kann man gewiß seyn, daß man nicht wah­ren Ammo­ni­ak­wein­stein vor sich habe. Um allen Vor­wand zu Irrun­gen weg­zu­neh­men, soll­te der Arzt die­ses Salz nie schlecht­hin tar­ta­rus solu­bi­lisnen­nen, son­dern stets tar­ta­rus solu­bi­lis ammo­nia­ca­lis.

Die übri­gen Ver­bin­dun­gen des Wein­steins und sei­ner Säu­re mit Metal­len sehe man unter den ein­zel­nen Metal­len nach.

Des durch Ver­puf­fung glei­cher Thei­le gerei­nig­ten Wein­steins und Sal­pe­ters ent­ste­hen­den rei­nen Lau­gen­sal­zes, oder wei­ßen Flus­ses ist unter Sal­pe­ter Erwäh­nung gesche­hen. Ein ver­puff­tes Gemisch von zwei Thei­len Wein­stein und einem Thei­le Sal­pe­ter wird schwar­zer Fluß (Flu­xus niger) genannt; ein zur Reduk­ti­on der Metall­kal­ke dien­li­cher Zusatz.