Wermuthbeifuß

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Wer­muth­bei­fuß, Arte­mi­sia Absinthi­um, L. [Zorn, pl. med. tab. 34] mit zusam­men­ge­setz­ten, viel­spal­ti-gen Blät­tern, rund­li­chen, über­hän­gen­den Blu­men, und rauch­haa­ri­gen Blu­men­bo­den; ein auf wüs­ten Stel­len in etwas san­di­gem Boden und an Wegen woh­nen­des, oft über zwei und drei Fuß hohes Kraut mit peren­ni-ren­der Wur­zel, wel­ches im July und August blüht.

Das fein­haa­ri­ge Kraut (Hb. Absinthii, vul­ga­ris) ist von star­kem, wid­ri­gem, Kopf ein­neh­men­dem Geru­che, und wid­rig und hef­tig bit­term Geschma­cke. Die­ses Kraut ver­stärkt die Thä­tig­keit der Schlag­adern, und bringt zuwei­len Schweiß her­vor; es hemmt die Essig- und Fäul­niß­gäh­rung, und ist ein ziem­lich gutes Wurm­mit­tel, wel­ches auch aus­ser dem Kör­per die meis­ten Insek­ten theils ver­trei­bet, theils tödet, und daher eini­ge Haut­aus­schlä­ge durch äus­sern Gebrauch wirk­sam hei­let. Wegen sei­nes wid­ri­gen Geruchs und Geschmacks hebt es eini­ge Arten von Anore­xie vor­züg­lich durch gäh­ren­de Din­ge und Obst erzeugt, und Nei­gun­gen zum Erbre­chen bei eini­gen bös­ar­ti­gen Fie­bern und der See­krank­heit. Eben so rühmt man sei­ne Kräf­te in drei­tä­gi­gen Fie­bern und kal­ten Blä­hungs­ko­li­ken. Man hat eini­ge Fäl­le von sei­ner Dien­lich­keit in der Was­ser­sucht, und hat es im Schar­bock, in Bleich­sucht, in Leber­ver­stop­fun­gen, Gelb­sucht und, Gott weiß, in wel­chen Kach­e­x­ien allen, vor­ge­schla­gen, wo aber gegrün­de­te Erfah­run­gen feh­len. Ob man ihm gleich Heil­kräf­te in der Eklamp­sie neu­ge­bor­ner Kin­der und in den Läh­mung (auch in der Taub­heit) zutraut, so warnt man doch vor sei­nem Gebrau­che bei den sehr ver­wand­ten Uebeln der Fall­sucht und dem Schlag­flus­se, so wie über­haupt (mit Grun­de) vor sei­ner Anwen­dung in allen Krank­hei­ten mit straf­fer Faser, gro­ßer Lebens­t­hä­tig­keit und rein ent­zünd­li­chen Zustän­den. So wie es selbst Trun­ken­heit und Kopf­weh erzeugt, rühmt man ihm die Tugend nach, die Trun­ken­heit von sau­ern Wei­nen zu heben und den Schlaf in gewis­sen Fäl­len zu beför­dern. Was es gegen über­gro­ße Fet­tig­keit, gegen Bla­sen­stein und Poda­gra aus­rich­te, ist noch zweifelhaft.

Indes­sen sind die­se Anga­ben doch noch ziem­lich unbe­stimmt, und die­ses mäch­ti­ge Kraut erwar­tet noch einen Beob­ach­ter, der dem spe­zi­el­len Gan­ge sei­ner eigent­hüm­li­chen Wir­kungs­art sorg­fäl­ti­ger nachspürt.

Man erhält in der wäs­se­ri­gen Destil­la­ti­on aus dem Krau­te ein grü­nes, aus dem trock­nen ein gelb­brau­nes äthe­ri­sches Oel (ol. ess. absinthii) aus dem trock­nen 1/​256 bis 1/​64 an Gewich­te, wel­ches die gan­zen betäu­ben­den, und anti­s­pas­mo­di­schen Kräf­te des Krau­tes, wenig oder gar nichts aber von sei­ner Bit­ter­keit ent­hält. Es wird, in Wein­geist auf­ge­löst als ein Schmerz stil­len­des, Schlaf brin­gen­des, und Erbre­chen und Krämp­fe stil­len­des Mit­tel gerühmt.

Das aus sei­ner Asche gezo­ge­ne Lau­gen­salz (Wer­muth­salz, Sal absinthii) hat offen­bar kei­ne andern als die Eigen­schaf­ten und Kräf­te der Pota­sche, daher sein Ruhm in Krank­hei­ten von Schleim, Nach­we­hen der Wech­sel­fie­ber, Was­ser­sucht, Bleich­sucht, u.s.w. Die im Auf­brau­sen genom­me­ne Mischung von einem Skru­pel Wer­muth­salz und einem Eßlöf­fel Zitron­saft (Haus­tus sali­nus, Mix­tu­ra, Potio River­ii) stillt zuwei­len Anfäl­le von Asih­ma, Erbre­chen in bös­ar­ti­gen Fie­bern, in der Cho­le­ra, in Schwan­ger­schaf­ten, u.s.w. so wie and­re hys­te­ri­sche Krämp­fe und Blut­auf­wal­lun­gen bei Ner­ven­sie­chen ver­mö­ge der dar­aus sich im Magen ent­wi­ckeln­den Luft­säu­re. Der Arzt thut wohl, statt des Wer­muth­sal­zes stets gerei­nig­tes Pota-schlau­gen­salz zu wählen.